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Unterschiedliche Markenbeziehung = unterschiedliches Risiko
Der Langzeiterfolg von Marken hängt hauptsächlich davon ab, welche Beziehungen Konsumenten zu diesen Marken aufbauen. Manchen Marken gelingt es, mit vielen Kunden, starke und positive Verbindungen zu etablieren. So sind beispielsweise die meisten Harley-Davidson-Fahrer oder Apple-Nutzer stark und emotional an diese Marken gebunden. Solche Bindungen ähneln Beziehungen innerhalb einer Familie oder im Freundeskreis. Sie führen zu mehr Markenloyalität, höherer Zahlungsbereitschaft oder einer geringeren Anfälligkeit gegenüber Mitbewerbern.
Das Beziehungsportfolio von Marken umfasst allerdings auch Kunden mit weniger positiven und schwach entwickelten oder flüchtigen Verbindungen. Distanziertere Markenbeziehungen kann man mit losen Bekanntschaften, Flirts oder Zufallsbegegnungen vergleichen. Andere Markenbeziehungen wiederum sind nicht nur lose, sondern sogar negativ und gefährdet. Sie sind konfliktbeladen, ähneln in die Brüche gegangenen Freundschaften oder gar richtiggehenden Feindschaften. Auch solche negativen Markenbeziehungen haben oft großen Einfluss auf den Gesamterfolg einer Marke und sollten deshalb genauso gemanagt werden wie die positiven. Ein Markenbeziehungsportfolio enthält gleich einem Aktienportfolio mehr oder weniger chancen- und risikoreiche Elemente, und vor allem in Krisensituationen ist die Art der Markenbeziehung relevant. Im Krisenfall sollte man sich nicht nur auf das Absichern der positiven Beziehungen fokussieren. Schon vorab gefährdete Beziehungen sind meist stärker negativ betroffen und können einen massiven Rückgang des Markenwerts auslösen.
Die Rolle der Markenbeziehungen für das Risikomanagement von Marken
Negative Beziehungen weisen ein erhöhtes Risiko auf, beendet zu werden. Deshalb stellen sie eine beachtliche Gefahr für die Marke dar und können ihr Wachstumspotenzial mindern. Bereits Konsumenten mit einer nur leicht negativen Beziehung zur Marke sind schneller geneigt, andere Optionen auszuprobieren. Sie sind weniger empfänglich für Marketingaktivitäten, und wenn die Beziehung noch zusätzlich negativ belastet wird, kommunizieren sie das auch häufig persönlich oder digital anderen gegenüber.
Oft entstehen gefährdete Beziehungen aus persönlich negativ erlebten Markenerfahrungen oder negativen Medien- oder Social-Media-Postings. Auch Berichte aus zweiter Hand können starke und positive Bindungen zu einer Marke zerstören. Es ist deshalb für Markenmanager von größter Bedeutung, den Anteil an negativ gepolten Kunden und den Grund für deren Haltung zu kennen. Nimmt der Anteil an gefährdeten Beziehungen zu, sollten Markenmanager sofort und glaubwürdig aktiv werden.
In den Boxen 1 und 2 beschreiben wir zwei gut dokumentierte Skandale rund um zwei Weltmarken und zeigen, wie sich das jeweilige Beziehungsportfolio im Krisenfall verändert hat. Am Beispiel des deutschen Marktes sehen wir, wie die gefährdeten Beziehungen zunehmen und zu einem Rückgang der Verkaufszahlen und des Markenwerts führen. In beiden Fällen (siehe Abb. 1 und 2) hat sich die Krise am stärksten im Segment der negativen Markenbeziehungen ausgewirkt. Das zeigt, wie wichtig es ist, dass sich Marketingmanager bei Krisen vor allem um Kundengruppen mit gefährdeten Markenbeziehungen kümmern.