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Konsumenten schätzen positive Überraschungen
Ein wichtiges Merkmal erfolgreicher Marketingstrategien ist ein gewisser Überraschungseffekt. Interessenten und Konsumenten einer Marke schätzen immer wieder neue Leistungsversprechen. Da Konsumenten bekanntlich „schnell lernen und langsam vergessen“, rechnet es sich zum Beispiel, Werbebudgets geblockt in einzelnen Kampagnen einzusetzen, anstatt sie gleichmäßig über ein ganzes Jahr zu verteilen. Auch Verkaufsaktionen plant man besser „als Überraschungen“, da Konsumenten sie weniger gut berechnen und weniger strategische Käufe unter dem normalen Preisniveau tätigen können. Ähnliches gilt auch bei der Einführung neuer Produkte. Ihr Launch sollte nicht lange vorhersehbar sein, damit Konsumentscheidungen nicht verschoben werden, um das neue Produkt abzuwarten. Wenn der Wettbewerb intensiv ist, ist diese Herangehensweise noch wichtiger, weil sie auch Mitbewerbern das Antizipieren von Marketingaktivitäten erschwert.
Finanzmanager und Investoren bevorzugen Berechenbarkeit
Während die positiven Auswirkungen dieser Marketingprinzipien auf Verkaufszahlen und Erträge allgemein bekannt und anhand von Marketingkennzahlen nachgewiesen sind, werden die Auswirkungen auf Ertrags- und Cashflow-Schwankungen häufig ignoriert. Trotzdem sind solche Volatilitätsaspekte aus einer finanziellen Perspektive relevant. Wenn nämlich die Unternehmenserträge bedingt durch zwei unterschiedliche Subsysteme schwanken – sagen wir einmal durch ein Basissystem und einmal durch ein Marketing-induziertes System –, dann erschwert die resultierende Volatilität die Prognose der zukünftigen Erträge und Einkünfte. Es wird auch schwieriger, einen konstanten Cashflow sicherzustellen. Das wiederum führt zu vermindertem Vertrauen von Investorenseite und kann deshalb das finanzielle Fundament einer Marke schädigen. Effektives Marketing kann in dieser Hinsicht also auch unerwünschte finanzielle Zusatzeffekte auslösen.
Der mögliche Konflikt zwischen dem typischen Marketingziel eines maximalen Verkaufserfolgs und den typischen Finanzmanagementzielen einer stabilen Einkommensstruktur sowie eines konstanten Cashflows hat uns zu einer genaueren Analyse der Wechselwirkungen in diesem Bereich motiviert. Wir haben mehrere von theoretischen Überlegungen abgeleitete Vermutungen anhand eines großen Datensatzes von 99 Pharmamarken aus vier europäischen Ländern untersucht und dabei mehrere Zielsetzungen verfolgt: Wir wollten feststellen, ob die marketingbedingten Volatilitätseffekte so stark sind, dass sich Führungskräfte damit auseinandersetzen sollten. Außerdem wollten wir Volatilitätstreiber identifizieren und herausfinden, ob es ein optimales Niveau für Marketingausgaben gibt. Zuletzt untersuchten wir, ob Unternehmen bereits ein aktives Volatilitätsmanagement über das gesamte Markenportfolio hinweg betreiben, und liefern Empfehlungen für ein aktives Management von Volatilität.