Am liebsten selbstgemacht

August 2010

Ein frischer Anstrich fürs Wohnzimmer, die Traumküche nach Maß oder die Laube im Garten – nicht nur die Deutschen greifen gerne selbst zu Hammer, Säge und Farbeimer. Ob im Fernsehen, in Zeitschriften oder im Internet – überall gibt es für Hobby-Heimwerker jede Menge Anregungen und Tipps, wie man auch ohne Experten das eigene Heim umgestalten kann. Angebote, die die Heimwerker in Europa offenbar gerne annehmen. Die Freude am selbst gestalteten Wohnraum beschränkt sich dabei längst nicht nur auf die junge Generation. Gerade ältere Menschen finden Gefallen am Gedanken, in Eigenregie zu hämmern, zu bohren oder zu dekorieren.

Minimalistische Formen oder üppige Deko, einfarbige Wände oder bunte Muster – egal, welcher Wohntrend gerade en vogue ist, die Europäer interessieren sich dafür. Das zeigt eine Online-Befragung von GfK Panel Services, Bereich Living und Retail, unter jeweils 500 Personen aus verschiedenen europäischen Ländern, die hauptsächlich für die Umsetzung von Renovierungen in ihrem Haushalt zuständig sind. Allen voran informieren sich die Franzosen über neue Trends. Mehr als die Hälfte von ihnen hält sich regelmäßig auf dem Laufenden über den „dernier cri“, den letzten Schrei in Wohnfragen. Die Deutschen teilen sich den zweiten Platz mit den Spaniern. Jeweils 43 Prozent der Befragten finden es wichtig, sich regelmäßig über Deko-Trends zu informieren. Nun wird eine Wohnung nicht allein dadurch moderner, indem man über neue Wohnideen Bescheid weiß. So scheinen auch Franzosen, Spanier und Deutsche zu denken. Sie setzen ihr Wissen direkt in die Tat um und genießen es, Neuheiten in und an den eigenen vier Wänden zu sehen. Diese Freude am Dekorieren und Gestalten teilen in allen drei Ländern deutlich über 50 Prozent der Befragten – in Deutschland sind es sogar 60 Prozent. Blickt man auf der Europakarte ein wenig weiter nach Norden, so ändert sich dies. Die Engländer spielen eine Sonderrolle: Sowohl was das Interesse an Einrichtungsfragen angeht als auch den Willen Neues umzusetzen, in Großbritannien können sich nur etwa 30 Prozent der Befragten dafür begeistern.

Der Lieblingstrend ist gefunden, jetzt geht es los in den nächsten Baumarkt? Von wegen! Vor dem Einkauf steht die ausführliche Information über Produkte und Preise. Nur die Hälfte der befragten Europäer lässt sich von besonderen Angeboten spontan locken. Die überwiegende Mehrheit studiert vor dem Kauf von Renovierungs-, Deko- oder Gartenartikeln Prospekte, Auslagen oder Internetseiten der Einrichtungshäuser und Baumärkte. Fast 80 Prozent finden es wichtig, vorab zu wissen, wo sie die besten Angebote bekommen. Beinahe ebenso viele verschaffen sich erst einen Überblick über die Produktpalette, bevor sie zugreifen. Und immerhin etwa 70 Prozent vergleichen die Preise so lange, bis sie sicher sind, ein Schnäppchen gefunden zu haben. Etwa ähnlich viele lassen sich umfassend beraten, bevor sie schließlich genau jenes Geschäft besuchen, das ihnen den begehrten Artikel zum günstigsten Preis anbietet. Doch wer nun denkt, es ginge hier nur um den Preis, der irrt. Schließlich sind 77 Prozent bereit, für hochwertiges Material auch tiefer ins Portemonnaie zu greifen.

Ganz oben auf der Wunschliste: Ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis

Ob sich dieses Portemonnaie schneller öffnet oder doch geschlossen bleibt, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Insgesamt zeigt sich: Beim Kauf von Renovierungsartikeln kommt Pragmatismus vor Spontanität. Ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis bildet für die meisten – nämlich für über 80 Prozent – nach eigenen Angaben eines der ausschlaggebenden Argumente dafür, das Wunschprodukt auch zu kaufen. Zwischen Erwartungshaltung und der tatsächlichen Zufriedenheit klafft allerdings eine deutliche Lücke. Nur etwa zwei Drittel zeigen sich auch tatsächlich zufrieden mit dem Kosten-Nutzen- Verhältnis. Das sind 15 Prozent weniger als diejenigen, die diese Einstellung für ihre Kaufentscheidung wichtig finden.

Fast ebenso viele halten nicht nur den Preis, sondern auch eine große Auswahl für bedeutend: 77 Prozent der Befragten möchten nicht das Erstbeste kaufen, sondern sich ihr Wunschprodukt aus einem umfassenden Angebot aussuchen können. Nicht immer scheint dies der Fall zu sein, zumindest zeigt sich auch hier eine Lücke zwischen Wunsch und Wirklichkeit von knapp 10 Prozent.

Vor und nach dem Einkauf: Guter Service gesucht

Größer fällt die Differenz zwischen Zufriedenheit und Ideal beim Thema verständliche Produktinformation und Kompetenz des Personals aus. Dabei stellen diese Punkte ebenfalls durchaus wichtige Einkaufsargumente dar. Denn verständliche Produktangaben sowie leicht auffindbare Ware werden von über 70 Prozent als bedeutsam bewertet. Und ist wirklich einmal Hilfe beim Kauf nötig, hofft der Verbraucher auch auf freundliches und kompetentes Personal, das mit Rat und Tat zur Seite steht. In all diesen Punkten liegen Anspruch und Wirklichkeit in den Augen der Heimwerker zu weit auseinander. Vor allem, was die Produktinformationen betrifft, sehen sie Nachholbedarf: Fast drei Viertel der Befragten verlangen verständliche Angaben am Regal, doch nicht einmal 60 Prozent sind zufrieden mit dem, was sie im Geschäft vorfinden. Und auch beim After-Sales-Service bleiben Wünsche offen. Zwar findet sich dieser Kundenanspruch mit 60 Prozent nicht ganz oben auf der Skala wieder, doch mit der Betreuung nach dem Einkauf sind nur 44 Prozent der Befragten wirklich zufrieden. Dagegen werden die Erwartungen in punkto Parkplätze und Wartezeiten an der Kasse offenbar ausreichend erfüllt.

Ambiente, Mietgeräte und „grüne“ Ware: Verbraucher geben gute Noten

Schöne Beleuchtung, angenehme Musik, unaufdringliche Geschäftsdeko – geht es darum, eine Wohlfühl-Verkaufsatmosphäre zu schaffen, haben Baumarkt und Co. ihre Hausaufgaben offenbar ebenso gemacht wie beim Thema Produktverfügbarkeit. Das ist wichtig, denn auch diese Kriterien spielen für rund 60 Prozent der Kunden eine entscheidende Rolle. Zusätzliche Angebote wie Reparaturservice, Vermittlung von Handwerkern, Finanzierungsmöglichkeiten oder die Vermietung von Geräten erreichen – gemessen an der Wichtigkeit – ebenfalls gute Zufriedenheitswerte. Und obwohl diese Aspekte nicht allein über Kauf oder Nicht-Kauf entscheiden, so finden sie immerhin rund ein Drittel der Renovierer bedeutsam. Auch das Angebot an nachhaltigen/grünen Produkten und eine breite Palette an Innovationen spielt zumindest für rund die Hälfte der Heimwerker eine Rolle für die Kaufentscheidung. Doch auch hier entspricht die Realität offenbar den Erwartungen.

Heimwerken für Ältere: Von wegen „altes Eisen“

Wer rastet, der rostet – dieses Sprichwort nimmt sich die Generation 50 plus zu Herzen, wenn es ums Renovieren geht. Denn ein neuer Anstrich der eigenen vier Wände ist kein Thema, das nur die Jugend anspricht: Etwa die Hälfte der Engländer, Deutschen und Franzosen, die sich um die Neugestaltung der eigenen vier Wände kümmert, hat das 50. Lebensjahr überschritten. Die ältere Generation trägt damit erheblich dazu bei, dass in Baumärkten und Einrichtungshäusern die Kasse klingelt. Diese Bedeutung wird sich in den kommenden Jahren voraussichtlich verstärken, denn ein Umkehrtrend in der demographischen Entwicklung zeichnet sich aktuell nicht ab. 
In Deutschland ist es den sogenannten Best-Agern über 50 und der Generation Silber ab 60 Jahren sogar hauptsächlich zu verdanken, dass die seit einigen Jahren rückläufigen Umsätze im Do-it-yourself-Geschäft etwas abgefedert wurden. Nur sie haben im Krisenjahr 2009 ihre Ausgaben gesteigert und ihren Anteil am Gesamtmarkt um rund 13 Prozent erhöht.

Menschen über 50 bringen im Vergleich zu jüngeren Generationen auch besonders viel Interesse am Renovieren und Modernisieren mit. Noch stärker als das Interesse unterscheidet sich jedoch die Erfahrung im Umgang mit Handwerkszeug. Wohl auch aufgrund ihres Alters halten sich um die 40 Prozent der Älteren für begabte Handwerker, bei den unter 30-Jährigen traut sich nur etwa ein Viertel ausreichende Erfahrung zu.

Über die Generationen hinweg: Talent zur Deko

Immerhin: Beim Thema Dekorieren und Verschönern nähern sich die Generationen wieder an. Hier liegen zwar auch die Älteren mit ihrer Erfahrung vorn, doch die jüngere Generation holt auf. Gut ein Drittel der unter 29-Jährigen weiß, wie die eigene Wohnung ohne große Renovierung schöner wird. Und wird doch einmal ein Umbau oder eine Modernisierung nötig, dann kann der Enkel immer noch die erfahrenen Großeltern um Rat fragen.


Datenquelle: GfK Panel Services (International DIY ConsumerStudy 2010 by GfK Living & Retail, April 2010)
Rückfragen zu diesem Artikel bitte an Oliver Schmitz, GfK SE.

Für Fragen zu Compact: Claudia Gaspar (E-Mail bitte an hello@nim.org).