
Schritte: 18.532, zurückgelegte Stockwerke: 12, gejoggte Kilometer: 3,8, Laune: 9 von 10 Punkten, gelesene Seiten: 33, Energiebilanz des Mittagsessens: 538 Kilokalorien. So oder so ähnlich könnte die Tagesbilanz eines Self-Trackers aussehen, also eines Menschen, der jede Menge Daten über sich und seinen Lebensalltag sammelt. Self-Tracking, das in den USA entstand, wird immer mehr zu einer weltweiten Bewegung mit dem Leitmotiv „Selbsterkenntnis durch Zahlen“. Viele der Anhänger führen – oft öffentlich via Blog und Twitter – Protokoll über ihr Leben, um es dadurch gesünder, strukturierter, kurz optimaler zu gestalten. Die Sammlung von Daten zur eigenen Lebensweise ist dabei nur eine der Möglichkeiten zur Selbstoptimierung – ein Schlagwort, von dem inzwischen mehr als jeder dritte Deutsche schon einmal gehört hat.
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Sensoren am Körper, die alle möglichen Funktionen sekundengenau protokollieren, Apps fürs Smartphone, die die zurückgelegten Schritte mit den verspeisten Kalorien verrechnen oder der Online-Coach, der täglich Ratschläge in Sachen Job-Optimierung gibt – es gibt zahllose Möglichkeiten, sich selbst und das eigene Verhalten unter die Lupe zu nehmen und somit zu verändern. Wer sich dafür interessiert, wird im Internet, in zahlreichen Büchern oder Artikeln schnell fündig. Doch bekannt ist die Bewegung in Deutschland? 39 Prozent der Bundesbürger haben schon einmal davon gehört oder gelesen – Selbstoptimierung ist also offenbar ein vergleichsweise neuer Trend. Lediglich 8 Prozent kennen den Terminus dabei ganz sicher, den anderen 31 Prozent kommt er immerhin bekannt vor. 61 Prozent können dagegen bislang nichts mit dem Begriff anfangen. Dies sind Ergebnisse einer Umfrage, für die die GfK SE im Auftrag des GfK Vereins im September rund 1.000 Personen befragt hat.
Wie hoch der Wissensstand bei den einzelnen Befragten ausfällt, hängt unter anderem vom Alter ab. Am bekanntesten ist der Begriff in der mittleren Altersgruppe der 35- bis 49-Jährigen: 46 Prozent, also fast die Hälfte dieser Gruppe, hat schon einmal etwas von Selbstoptimierung gehört. Mit steigendem Alter sinkt der Bekanntheitsgrad: So sagt ab 65 nur noch jeder Dritte von sich, den Terminus zu kennen. Bei den jüngsten Befragten, den 14- bis 34-Jährigen, ist der Begriff derzeit mit 37 Prozent immerhin durchschnittlich weit verbreitet. Während das Alter also in puncto Bekanntheit eine Rolle spielt, bringt der Geschlechtervergleich kein Wissensgefälle ans Licht. 39 Prozent der Frauen und 40 Prozent der Männer haben schon einmal von Selbstoptimierung gehört. Einziger Unterschied: Jedem zehnten Mann ist der Begriff ganz bestimmt bekannt; bei den Frauen sagen das nur 6 Prozent von sich.
Mindestens so stark wie das Alter, spielt auch das Interesse an neuen Themen eine Rolle für die Bekanntheit des Begriffs „Selbstoptimierung“. Wer eine gewisse Portion „Neu-Gier“ mitbringt, kann eher etwas mit dem Terminus anfangen als Menschen, die sich gar nicht um neue Trends kümmern. So haben mehr als 40 Prozent der Befragten, die sich nach eigenen Angaben auch sehr für neue Entwicklungen interessieren, schon einmal von Selbstoptimierung gehört, jeder Zehnte kennt den Begriff sogar ganz sicher. Überdurchschnittlich unbekannt ist der Terminus dagegen bei denjenigen, die sich nicht um neue Entwicklungen bzw. Neuheiten kümmern: Fast drei Viertel haben noch nie von Selbstoptimierung gehört.
Ein besseres Zeitmanagement im Job, regelmäßige Weiterbildungen oder ein Karriere-Coaching – die Arbeitswelt bietet viele Möglichkeiten zur Selbstoptimierung. Und sie ist auch der Bereich, den die Deutschen am stärksten mit dem Terminus verbinden. Gut drei Viertel der Kenner nennen das Berufsleben, wenn sie den Begriff vorgegebenen Lebensbereichen zuordnen sollen. Doch neben den Karriere-Assoziationen finden sich im Ranking auch andere Aspekte: So verbindet knapp jeder zweite Kenner mit Selbstoptimierung die Lebensbereiche Gesundheit und Wohlbefinden sowie Sport und Fitness. Freizeit und Hobbies nennen 40 Prozent; ebenso viele ordnen Selbstoptimierung Finanzthemen zu. Auf den hinteren Rängen liegen die Themen Familienleben und Freunde, Ernährung sowie Haushalt. Etwa jeder Dritte assoziiert diese Lebensbereiche mit dem Begriff.
Ob man in Sachen Selbstoptimierung eher die eigene Gesundheit, die Familie oder den Beruf im Fokus hat, ist wiederum altersabhängig. Jüngere Kenner denken mehr als alle anderen Altersgruppen an die Verbesserung der eigenen Sportlichkeit und Fitness. So ordnen 58 Prozent der Kenner unter 35 Jahre den Terminus den Bereichen Sport und Fitness zu. Zum Vergleich: Bei den 50- bis 64-Jährigen tut dies nur noch knapp die Hälfte, und ab 65 Jahre denken nur noch 43 Prozent an die Steigerung ihrer sportlichen Leistungen. Am seltensten kommt dieser Bereich aber den Befragten zwischen 35 und 49 Jahren in den Sinn: nur 39 Prozent denken bei Selbstoptimierung an Fitness-Aspekte. Vielleicht, weil im Alltag dieser Menschen mehr als bei den übrigen Altersgruppen andere Themen – vor allem die Karriere – im Zentrum stehen. Zwar liegt das Berufsleben im Assoziationen-Ranking bei allen Befragten vorn, doch unter den 35- bis 49-Jährigen denken die meisten – 86 Prozent – an Themen aus der Arbeitswelt, wenn es um Selbstoptimierung geht: Das sind fast zehn Prozentpunkte mehr als der Durchschnitt.
Geht es dagegen auf die Rente zu, treten gesundheitliche Aspekte und ökonomische Themen in den Vordergrund. Mit Selbstoptimierung verbinden überdurchschnittlich viele Kenner zwischen 50 und 64 Jahren die Bereiche Gesundheit und Wohlbefinden: 62 Prozent dieser Altersgruppe denken an ihren Gesundheitszustand – das sind 14 Prozentpunkte mehr als im Mittel. Und ab 65 Jahre – für viele der Zeitpunkt des Renteneintritts – haben die Kenner verstärkt Finanzaspekte im Fokus. 42 Prozent assoziieren Selbstoptimierung mit diesen Themen.
Das Geschlecht der Kenner spielt bei der Zuordnung des Begriffs zu einzelnen Lebensbereichen eine eher untergeordnete Rolle: Männer und Frauen sind sich weitgehend einig in der Frage, welche Bereiche im Fokus der Selbstoptimierung stehen. Unterschiede werden vor allem mit Blick auf die Themen Familie / Freunde, Ernährung und Haushalt deutlich – hier sehen Frauen das größere Optimierungspotenzial. Männer dagegen verbinden den Begriff häufiger mit dem Berufsleben.
Für Selbstoptimierung gibt es offenbar Platz in allen Lebensbereichen. Doch wie genau interpretieren die Befragten das Schlagwort inhaltlich für sich? Aspekte der Leistungssteigerung stehen bei den freien Assoziationen im Vordergrund: Egal, ob im Beruf oder im Fitnessstudio – die meisten Kenner denken bei Selbstoptimierung daran, mehr aus sich herauszuholen. 45 Prozent der Kenner kommt diese Assoziation spontan in den Sinn. Knapp jeder Fünfte denkt allerdings eher an Selbstfindung und Selbstverwirklichung. 15 Prozent verbinden mit dem Begriff ein verbessertes Zeitmanagement, für etwa ebenso viele bedeutet Selbstoptimierung den Einklang von Privat- und Berufsleben. Jeder zehnte Kenner bezieht ihn speziell auf Körper, Gesundheit und Fitness.
Wie viel für oder gegen den neuen Trend der Selbstoptimierung spricht, muss wohl jeder für sich entscheiden. Wer sich selbst beobachtet, achtet wahrscheinlich eher auf seinen Körper, auf regelmäßigen Schlaf und ausreichende Bewegung. Wer seine Daten mit anderen vergleicht, hält vielleicht ehrgeiziger an der geplanten Leistungssteigerung oder an anderen gesteckten Zielen fest. Doch ob die akribische Datensammlung der Self-Tracking-Bewegung aus den USA auch für das Gros der Deutschen irgendwann zum Vorbild taugt, bleibt abzuwarten.
Datenquelle: GfK Verein
Verantwortlich für den Artikel und Ansprechpartnerin für Fragen zu Compact: Claudia Gaspar (E-Mail bitte an hello@nim.org).
November 2014