
Ein Klick, und der neue Titel der Lieblingsband erklingt aus den Lautsprecherboxen des Computers. Sekundenschnell erscheinen die aktuellen Nachrichten aus Politik und Wirtschaft auf dem Bildschirm, während schnell noch eine E-Mail an die Kollegen verschickt wird. Egal, ob privat oder im Job: Das Internet ist aus unserem Leben nicht mehr wegzudenken. Grenzenlos im Netz surfen und dabei Interessantes sammeln, lesen und austauschen, ist für die meisten Menschen hierzulande selbstverständlich. Noch nie war es so leicht, sich schnell zu informieren, zu kommunizieren oder sich schlicht und einfach unterhalten zu lassen. Nicht nur in Deutschland, sondern europaweit gehen immer mehr Menschen ins Netz – doch mit Blick auf die einzelnen Länder zeigen sich weiterhin Unterschiede.
Eines scheint sicher zu sein: Der Siegeszug des World Wide Web ist nicht mehr aufzuhalten. So ist in den vergangenen beiden Jahren die Zahl der Internetnutzer in Europa erneut gestiegen, wie eine Studie des GfK Vereins in neun europäischen Ländern zeigt. Hatten 2009 im Schnitt knapp die Hälfte der befragten Europäer ab 14 Jahren in den letzten drei Monaten vor der Befragung das Internet genutzt, waren es 2011 bereits fast zwei Drittel. Spitzenreiter in der Internetnutzung sind traditionell die Niederlande mit 88 Prozent, gefolgt von Großbritannien (77 Prozent), Frankreich (73 Prozent), Deutschland (71 Prozent) sowie Österreich (70 Prozent). Am unteren Ende der Skala liegen die in der Studie untersuchten süd- und osteuropäischen Länder. Während in Polen, Italien und Spanien aber immerhin noch mehr als jeder Zweite online ist, gehen in Russland derzeit nur 44 Prozent der Verbraucher ins Netz.
Werden diese Regionen auch in Zukunft eher zu den Offlinern in Europa gehören? Das ist zumindest unwahrscheinlich – schließlich verzeichnen gerade manche süd- und osteuropäischen Länder die größten Zuwächse bei der Internetnutzung. So sind in Russland heute fast doppelt so viele Menschen online als noch vor zwei Jahren, in Italien stieg der Anteil der Internetnutzer um 17 Prozentpunkte. Und auch Polen legte in Sachen Internetnutzer um 15 Prozentpunkte zu. Lediglich in Spanien hinken die Wachstumsraten hinterher. Innerhalb der letzten zwei Jahre stieg die Zahl der Onliner gerade einmal um 8 Prozentpunkte.
In den Ländern, in denen ohnehin schon der größte Teil der Bevölkerung regelmäßig durchs World Wide Web surft, fallen die Zuwächse etwas geringer aus. In den Niederlanden, dem Spitzenreiter im Ranking, stieg die Zahl der Nutzer in den letzten beiden Jahren um 7 Prozentpunkte; ein Plus von immerhin zehn Prozentpunkten verzeichnet die Bundesrepublik, elf Prozentpunkte sind es in Großbritannien. Unter den Ländern mit hoher Internetdurchdringung konnte Österreich am stärksten zulegen: Nutzen aktuell etwa 70 Prozent der Befragten das Internet, waren es vor zwei Jahren nur 56 Prozent. Ähnlich sieht es in Frankreich aus: Im Land des „savoir vivre“ wissen heute etwa drei Viertel der Menschen es zu schätzen, online zu sein. Vor zwei Jahren noch waren es nur 61 Prozent.
„Peter Altmaier ist ein Star im Netz. Seit wenigen Wochen twittert er – und das sehr erfolgreich.“ So leitete der Journalist Dominik Rzepka von „heute.de“ Ende Oktober sein Interview mit dem parlamentarischen Geschäftsführer der CDU ein. Der twitternde Politiker ist nicht nur ihm aufgefallen, auch „Der Spiegel“ oder die „FAZ“ berichteten über ihn. Wenngleich die Nutzung des Nachrichtendienstes zwar für viele Amtskollegen (noch) nicht auf der Agenda stehen mag, so ist Peter Altmaier zumindest mit seiner Internet-Affinität nicht allein. Menschen, die wie er gehobenen sozialen Schichten angehören, sind, in der Regel auch online: So gaben 88 Prozent dieser Gruppe an, in den letzten drei Monaten das Internet genutzt zu haben. Je geringer dagegen der soziale Status ist, desto größer fällt auch der Anteil der Offliner aus. Während noch drei Viertel der Europäer aus der mittleren sozialen Schicht online ist, sinkt der Wert bei den Menschen in einfacher Lebenslage auf 60 Prozent.
Neben dem gesellschaftlichen Status spielt auch das Alter eine Rolle: Wer studiert oder gerade eine Ausbildung macht und entsprechend jünger ist, kann sich das Internet aus dem Alltag kaum noch wegdenken. 95 Prozent dieser Gruppe bewegt sich im World Wide Web. Dagegen war nur etwa ein Viertel der Europäer im Ruhestand in den letzten drei Monaten im Netz unterwegs. In dieser Gruppe wirkt sich jedoch der soziale Status stärker aus: Während 40 Prozent der Ruheständler aus der mittleren sozialen Schicht das Internet nutzen, sind es bei Ruheständlern in einfacher Lebenslage gerade einmal 17 Prozent.
Ein geeintes Europa – was sich mit Blick auf die Finanzturbulenzen so mancher Politiker wünscht, ist auch in Sachen Internetnutzung vielfach noch Zukunftsmusik. Die Lebenswelten der Menschen haben in den einzelnen Ländern unterschiedlichen Einfluss auf die Internetnutzung. Ein höheres Alter beispielsweise macht sich in den Niederlanden und Großbritannien weniger bemerkbar als in anderen europäischen Ländern. Ältere Briten oder Niederländer sind überdurchschnittlich im Netz vertreten – egal, in welcher sozialen Schicht sie angesiedelt sind. Im krassen Gegensatz dazu steht Russland. Nur ein Bruchteil der älteren Menschen nutzt hier das Internet – damit wird das Land zum Schlusslicht im Ranking. Etwas besser sieht es in Polen aus: Hier sind etwas mehr ältere Menschen online – insgesamt aber hinkt das Land dem europäischen Durchschnitt hinterher. In Spanien und Italien macht der Status den Unterschied. Vor allem ältere Menschen in einfacher Lebenslage bewegen sich auffällig selten im World Wide Web.
In Zukunft könnte das etwas anders aussehen: Gerade in der jüngeren Generation verschwinden die Unterschiede in der Onlinenutzung. Egal, ob in Polen oder Spanien, Italien oder den Niederlanden: Menschen in Ausbildung sind europaweit überwiegend online. Für sie ist das Internet offenbar nicht mehr aus dem Alltag wegzudenken. Und wer einmal online ist, der bleibt es in der Regel auch. So besteht durchaus die Möglichkeit, dass das Internet zumindest für Europäer künftig tatsächlich zum „globalen Marktplatz“ wird, auf dem sich alle treffen.
Datenquelle: GfK Verein (European Consumer 2011, 1. Quartal 2011, European Consumer 2009, 1. Quartal 2009).
Verantwortlich für den Artikel und Ansprechpartnerin für Fragen zu Compact: Claudia Gaspar (E-Mail bitte an hello@nim.org).
November 2011