
Im Supermarkt schnell online das günstigste Angebot finden, im Zug die Anschlussverbindungen prüfen oder in der Kneipe mit Freunden die nächste Reise buchen – mobil im Internet unterwegs zu sein, gehört heute für viele Menschen zum Alltag. Allein im vergangenen Jahr wurden in acht Ländern Europas und in Russland 95 Millionen Geräte zur mobilen Internetnutzung verkauft – dabei gingen überwiegend Smartphones über den Ladentisch (Quelle: GfK Consumer Choices 2011). Doch wie viele Menschen bewegen sich tatsächlich unterwegs im Netz? Und wie sieht der typische Nutzer aus? Nicht nur zwischen den einzelnen Ländern gibt es Unterschiede – auch innerhalb Deutschlands ist die „mobile Evolution“ unterschiedlich weit fortgeschritten.
In Europa ist inzwischen jeder Zehnte stark mobil vernetzt und gehört damit zur Gruppe der „Super-Connected“, also der Menschen, für die das mobile Surfen und Kommunizieren nicht nur hin und wieder ganz praktisch, sondern unverzichtbar geworden ist. Dies zeigen Ergebnisse aus dem „Trendsensor Konsum 2012“, für den der GfK-Verein zusammen mit dem Bereich Technology/ Consumer Experiences die mobile Internetnutzung in acht europäischen Ländern sowie innerhalb Russlands untersucht hat. Die Gruppe der „Semi-Connected“ geht eher pragmatisch ans mobile Web heran: Sie stehen den Möglichkeiten offen und interessiert gegenüber, schöpfen sie aber nicht so stark aus wie die Super-Connected. In den untersuchten Ländern gehört fast ein Viertel der Bevölkerung ab 14 Jahren dieser Gruppe an. Die sogenannten „Pre-Connected“ verbringen den Großteil ihrer Online-Zeit stationär am PC oder Laptop, obwohl sie zu den Handynutzern gehören. Den größten Anteil verbuchen in den neun Ländern die „Non-Connected“: Für 39 Prozent der Europäer und Russen ist mobiles Surfen derzeit noch kein Thema.
Während Deutschland in Sachen Wirtschaft als Spitzenreiter in Europa gilt, bewegt sich die Bundesrepublik beim Thema mobiles Internet im Mittelfeld. Etwa ein Drittel der Befragten greift entweder zum Handy oder zum stationären Internet, nutzt aber kein mobiles Internet. Für 36 Prozent ist der Gebrauch des mobilen Internets eher ungewohnt, aber nicht ausgeschlossen. Der Anteil der Semi-Connected und der Super-Connected ist mit 21 und 11 Prozent etwas kleiner als im europäischen Durchschnitt. Vorreiter in Europa sind dagegen die Niederlande und Großbritannien; sie hängen die anderen Staaten ab. In beiden Ländern fällt der Anteil der Menschen, die gar nicht mobil surfen, vergleichsweise gering aus, der Anteil der Super- und Semi-Connected ist dagegen überdurchschnittlich groß. Auffällig ist der Blick auf Russland: Das Land, das mit einer gewaltigen Schere zwischen Arm und Reich zu kämpfen hat, polarisiert auch in Sachen mobile Evolution: 53 Prozent der Menschen sind Non-Connected und damit über mobile Endgeräte wie Smartphone, Tablet & Co. nicht online, 16 Prozent dagegen quasi rund um die Uhr. Damit verfügt das Land sowohl über die meisten Super- als auch die meisten Non-Connected.
„Nicht ohne mein Smartphone!“ Diesen Satz würden hierzulande der Statistik zufolge am häufigsten junge Männer ohne feste Partnerschaft unterschreiben. Während sich in der älteren Generation noch viele fragen, was eine App eigentlich genau ist, sind Jugendliche und junge Erwachsene in Deutschland mit den Möglichkeiten der mobilen Welt aufgewachsen und nun versierte Spitzen-Nutzer. Etwa drei Viertel der Super-Connected sind zwischen 14 und 39 Jahre alt. Ältere Vielnutzer findet man dagegen deutlich seltener: Gerade einmal 6 Prozent der Super-Connected haben ihren 50. Geburtstag schon hinter sich. Diese Verteilung sieht bei den Non-Connected ganz anders aus: Hier sind 82 Prozent über 50, dafür aber nur 7 Prozent zwischen 14 und 39 Jahre alt.
Mobiles Surfen ist also eindeutig eine Frage des Alters, doch auch das Geschlecht und der Familienstand spielen eine gewisse Rolle. So sind unter den mobilen Internetnutzern mehr Männer als Frauen vertreten. Bei den Super-Connected fällt die Kluft zwischen den Geschlechtern am größten aus: Etwa 60 Prozent Männern stehen knapp 40 Prozent Frauen gegenüber. In dieser Gruppe finden sich auch die meisten Singles: Knapp die Hälfte der befragten Viel-Nutzer lebt derzeit allein, unter den Non-Connected ist das nur bei etwa einem Drittel der Fall. Umgekehrt machen die Verheirateten bei den Non- und Pre-Connected den Löwenanteil aus. In der Gruppe der Semi-Connected gibt es dagegen ebenso viele Singles wie Verheiratete (jeweils 41 Prozent).
Zwar kommt heutzutage kaum eine Institution ohne Twitter- und Facebook-Account aus und vom Großunternehmen bis hin zur Kleinkunstbühne versuchen Anbieter online mit ihrem Kundenkreis zu kommunizieren. Doch bestimmte Themen liegen in der Gunst der mobilen Generation weiter vorn als andere. Wer unabhängig vom Aufenthaltsort viel im Netz unterwegs ist, interessiert sich vor allem für technische Inhalte. Computer und Elektronik sind die Steckenpferde der Super-Connected: Zwei Drittel geben an, sich dafür besonders zu begeistern. Auch bei den Semi-Connected stehen Technologie-Themen mit fast 50 Prozent Nennungen hoch im Kurs. Beide Gruppen beschäftigen sich auch häufig mit (Kino-)Filmen und Reisen. Offenbar ist die mobile Informationsbeschaffung bei diesen schnelllebigen Themen besonders von Vorteil. Auf den hinteren Rängen landen bei den versierten Nutzern mobiler Kommunikation Umwelt- und Naturschutz, Kunst und Kultur sowie Religion – diese Bereiche des Lebens gehören offenbar noch stärker in die analoge Welt.
So unterschiedlich Super- und Non-Connected sonst auch sind – eine Leidenschaft teilen sie beide. Denn auch wer nicht mobil online ist, interessiert sich häufig für Reisethemen (44 Prozent). Vermutlich planen die Non-Connected ihren Urlaub aber eher am heimischen PC oder im Reisebüro. Und wenn sie nicht gerade in Urlaubsträumen schwelgen, beschäftigen sie sich im Gegensatz zu den Vielnutzern häufig mit Umweltschutzaspekten (32 Prozent), Kunst und Kultur oder Religion (jeweils 22 und 23 Prozent). Mit Elektronik, Computern oder sonstiger Technologie kann diese Gruppe am wenigsten anfangen.
In puncto Datensicherheit sind es unter den Nutzern die Pre-Connected, die der mobilen Kommunikation und Internetnutzung skeptisch gegenüberstehen. Zwei Drittel dieser Verbraucher geben an, große Angst um die Datensicherheit zu haben, wenn Informationen nicht mehr im eigenen PC oder Laptop, sondern im Internet gespeichert werden. Europaweit liegen die deutschen Pre-Connected damit über dem Durchschnitt. Weniger Sorgen machen sich dagegen die Semi- und Super-Connected: 57 bzw. 51 Prozent geben an, Angst um ihre Daten zu haben. Damit macht sich zwar gut die Hälfte der versierten Nutzer Gedanken um Sicherheitsaspekte in der mobilen Kommunikation. Doch im Vergleich zum europäischen Durchschnitt, in dem sich zwei Drittel Sorgen um den Datenschutz macht, sind die deutschen Super-Connected deutlich gelassener.
Vielleicht, weil sie den Blick stärker auf die Vorteile des „Web to go“ richten. Vor allem beim Shoppen bietet das Internet für viele Verbraucher neue Möglichkeiten, die diese auch ganz selbstverständlich nutzen. Die Super-Connected können sich mehrheitlich (79 Prozent) ein Leben ohne mobiles Online-Shoppen oder Ersteigern von Produkten nicht mehr vorstellen (Europa: 58 Prozent). Etwa ein Drittel der deutschen Semi-Connected und 10 Prozent der Pre-Connected sehen das ebenso. Zwar gibt es für diese Nutzertypen offenbar noch Alternativen zum mobilen Einkauf, doch im europäischen Vergleich liegen auch sie deutlich über dem Durchschnitt.
Etwa zwei Jahre ist es her, dass der Journalist Christoph Koch – nach eigenen Angaben „Online-Junkie“ – den Stecker zog. „Ich bin dann mal offline: Ein Selbstversuch“ heißt das Buch, in dem er seine Erfahrungen mit der mehrwöchigen digitalen Fastenzeit beschreibt. Was der „Neon“-Redakteur und Autor vormachte, können sich viele Deutsche nicht so recht vorstellen. Ganz bewusst das Handy abschalten und für niemanden erreichbar sein – das kommt gerade einmal für 30 Prozent der Super-Connected in Frage. Während die Hälfte der Super-Connected in Europa den „Aus“-Knopf ihres Mobiltelefons regelmäßig ganz bewusst drückt, ist hierzulande das Bedürfnis, immer erreichbar zu sein, also sehr viel größer. Jedoch nur bei den Super-Connected. Denn unter den Semi-Connected schalten immerhin 45 Prozent ihr Handy zwischendurch aus, bei den Pre-Connected tut dies sogar mehr als die Hälfte.
Wohin geht die Reise auf der digitalen Autobahn? Während Kritiker vor den Suchtgefahren des permanenten Online-Seins warnen, verweisen Verfechter auf die unzähligen Möglichkeiten, die das mobile Leben bietet. Christoph Koch hat nach seinem Offline-Selbstversuch seine Antwort darauf gefunden und plädiert für einen bewussteren Umgang mit der neuen Technik. Er habe schließlich „kein Anti-Internetbuch schreiben wollen“, sagt er in einem Interview mit dem Verlag Random-House, „aber ich glaube, dass wir uns ab und zu fragen sollten, wie man das Internet nutzt.“ Das Video-Interview kann man sich natürlich online ansehen – von unterwegs aus oder ganz entspannt zuhause.
Datenquelle: GfK Verein (European Consumer Study 2011 / 2012 – Trendsensor Konsum und GfK Tagung 2012).
Für Rückfragen zu diesem Artikel stehen Ihnen Robert Wucher und Birgit Mueller von der GfK SE zur Verfügung.
Für alle weiteren Fragen zu GfK Compact steht Ihnen Claudia Gaspar zur Verfügung (E-Mail bitte an hello@nim.org).
November 2012