
Für die einen sind sie Datensammler, die die Privatsphäre ihrer Nutzer freizügig offenlegen, für die anderen sind sie wichtige virtuelle Treffpunkte, Kontaktbörsen und Nachrichtenkanal in einem. In jedem Fall aber gehören soziale Netzwerke zu den populärsten Internetangeboten in Deutschland. Allein im ersten Quartal dieses Jahres statteten deutsche private Internetnutzer den größten „Social Media-Portalen“ rund 1,3 Milliarden Besuche ab. Ihre Freude am Netzwerken leben die Deutschen dabei nicht nur auf einer Seite aus – zwischen den verschiedenen Online-Angeboten wird eifrig hin und her geklickt.
Was vor sechs Jahren als sehr überschaubare Plattform für Harvard-Studenten begann, hat es heute an die Spitze der Social Media Angebote geschafft: Facebook hat nach eigenen Angaben etwa 400 Millionen Nutzer. In Deutschland besuchten in den ersten drei Monaten des Jahres etwa 15 Millionen Menschen die Seite und setzten sie damit auf Platz eins im Ranking, gefolgt von Stayfriends mit 14 Millionen und Wer-kennt-wen mit gut 11 Millionen Besuchern. Dies zeigen aktuelle Messungen im GfK Media Efficiency Panel.
Kaum zwei Jahre sind vergangen, seit die Seite MeinVZ online ging und damit neben StudiVZ und SchülerVZ auch ein Angebot für die berufstätige Bevölkerung geschaffen wurde. In der Gunst der Deutschen liegt die Seite heute auf Platz vier, in etwa gleich auf mit dem Konkurrenz-Angebot Myspace sowie leicht vor dem Vorreiter SchülerVZ. StudiVZ und Twitter folgen mit etwa je fünf Millionen, das Karrierenetzwerk Xing mit rund vier Millionen Besuchern. Im Vergleich zum Vorjahr konnten dabei alle Anbieter ihre Besucherzahlen mindestens halten – einige Seiten wie Facebook oder Twitter haben ihre „Gästeliste“ sogar mehr als verdreifacht.
Das Angebot an Online-Netzwerken ist groß – der Wunsch nach Abwechslung offenbar ebenso. Das Web 2.0 mit seinen Communities scheint für zahlreiche Menschen so etwas wie eine Partymeile zu sein: Man zieht von Club zu Club und ist immer in Bewegung, anstatt in der Stammkneipe hängenzubleiben. So ist knapp die Hälfte der Facebook-Nutzer auch auf der Seite von stayfriends.de unterwegs; und immerhin knapp 40 Prozent besuchen ebenfalls die Plattform wer-kennt-wen.de. Auch andere Seiten lassen Facebook-Nutzer nicht links liegen, wenngleich sie dort weniger häufig zu Gast sind. Am seltensten tummeln sie sich auf xing.com; doch auch hier landen immerhin noch 16 Prozent.
Auch umgekehrt gilt das Prinzip der Durchlässigkeit – wobei Facebook in der Gunst der Besucher unterschiedlicher Communities stets ganz vorne liegt. Vor allem bei den Freunden des Kurznachrichtendienstes Twitter ist die Plattform beliebt. Knapp 70 Prozent derer, die gerne Neues in die Welt zwitschern oder anderen dabei folgen, sind regelmäßig auch bei Facebook zu Gast. Ähnlich sieht es bei Nutzern der Online-Community Myspace und des Business-Netzwerks Xing aus: Jeweils zwei Drittel der User zieht es auch auf die Facebook-Seite. Wer dort erst einmal eingeloggt ist, der verbringt dort oft einen Großteil seiner Freizeit. Die durchschnittliche Verweildauer auf der Seite lag zwischen Januar und März 2010 bei etwa sieben Stunden bzw. genau 428 Minuten. Auch hier schaffte es Facebook im Vergleich zu anderen Angeboten ganz nach vorn.
Beim Blick auf die crossmediale Nutzung von Online-Netzwerken zeigen sich je nach Zielgruppe unterschiedliche Präferenzen. Bei den Nutzern von SchülerVZ, das sich wie der Name schon sagt an ein eher junges Publikum richtet, schneidet das Karriere-Portal Xing vergleichsweise schwach ab. Nur 6 Prozent schauen beim Surfen auch einmal hier vorbei. Das mag an den Kosten liegen – schließlich zahlt bei Xing, wer Zugriff auf alle Informationen haben möchte. Vor allem aber machen sich SchülerVZ-User noch weniger Gedanken um ihr späteres berufliches Netzwerk als die etwas älteren StudiVZ-Anhänger. Letztere bleiben deshalb im Vergleich auch mehr als doppelt so häufig auf den Seiten des Berufs-Netzwerks hängen: 16 Prozent der StudiVZ-Nutzer besuchen auch Xing. Am häufigsten jedoch klickt die vermutlich heterogenste Online-Nutzergruppe auf xing.com: Knapp ein Viertel der Twitter-Anhänger surfen hier, gefolgt von den Myspace-Fans mit 20 Prozent.
Drum prüfe wer sich ewig bindet – dieses Prinzip gilt nicht nur im wirklichen, sondern auch im virtuellen Leben. Nicht jedem Anbieter gelingt es, die Nutzer lange auf dem Portal zu halten. Die geringste Besuchsfrequenz pro Nutzer verzeichnet Twitter. Fast die Hälfte der Besucher kommt nur einmal im Quartal aus Neugier vorbei und wendet sich bereits nach dem ersten Klick wieder anderen Angeboten zu. Auch auf die Seite von Xing klicken etwa 30 Prozent nur ein einziges Mal im Vierteljahr. Doch im Vergleich zur Zwitscher-Plattform verzeichnet Xing mehr als doppelt so viele „Heavy User“ – also solche, die zwischen Januar und März 2010 mindestens fünfmal zu Gast waren. Myspace, das eine ähnlich hohe Fluktuation verzeichnet wie Xing, hat etwa 17 Prozent besonders aktive Nutzer. Die größte Anzahl an Stammgästen verbucht jedoch die Seite Wer-kennt-wen. Mehr als die Hälfte der Besucher war hier in den ersten drei Monaten des Jahres mindestens fünfmal unterwegs – auf der Suche nach alten und neuen Bekannten. Und auch wer auf MeinVZ klickt, tut dies vergleichsweise regelmäßig. 53 Prozent der Nutzer rufen im Quartal die Seite mehr als viermal auf und klicken sich durch die Angebote. Auch hier hat die Seite die große Schwester StudiVZ schon überholt, die Anzahl der treuen Besucher liegt mit 42 Prozent etwas niedriger. Facebook rangiert bei den Nutzertypen ebenfalls im oberen Mittelfeld und kann sich über einen Heavy-User-Anteil von 40 Prozent freuen.
Dass SchülerVZ sehr junge und Xing etwas ältere Nutzer anzieht, verwundert kaum. Doch der Blick auf die Nutzung nach Altersgruppen offenbart dennoch Bemerkenswertes. Wer hätte gedacht, dass die Generation der über 60-Jährigen häufiger zwitschert als die Gruppe der unter 20-Jährigen? Während der Anteil der jungen Twitternutzer 8 Prozent beträgt, sind es bei den etwas älteren Menschen 12 Prozent. Und knapp 4 Prozent der Twitterbesucher sind sogar über 70 Jahre. Damit erreicht die Seite unter den Social Media Angeboten die meisten Menschen im Rentenalter, gefolgt von Stayfriends. Unter den Besuchern der Freunde-Finde-Maschine sind etwa 10 Prozent über 60 Jahre und 9 Prozent zwischen 6 bis 19 Jahre alt.
Es scheint fast so, als würden mehr und mehr Menschen das virtuelle Leben dem realen vorziehen: Man verabredet sich auf Facebook zum Chat, tratscht auf Wer-kennt-wen und reanimiert alte Kontakte auf Stayfriends. Auf MySpace wird Musik getauscht, auf StudiVZ die letzte Party diskutiert. Die Deutschen nutzen dabei die Grenzenlosigkeit des Internets und haben keine Lust, sich auf einen Anbieter zu beschränken. Wer einmal Geschmack gefunden hat an dieser Form der Kommunikation, den zieht es hinaus in die weite virtuelle Welt. Bleiben persönliche Kontakte dabei auf der Strecke? Diese Frage stellte der FAZ-Journalist Stefan Herber kürzlich der Wer-kennt-wen-Pressesprecherin Karin Rothgänger. Ihrer Meinung nach leisten Social Media Angebote Folgendes: „Termine werden nun schnell und unkompliziert per Nachricht ausgemacht und um die Fotoalben aus dem letzten Urlaub anzuschauen, muss nicht mehr mühselig die ganze Familie zusammengetrommelt werden. Man stellt einfach das Fotoalbum ein.
Datenquelle: GfK Panel Services (GfK Media Efficieny Panel, März 2010)
Rückfragen bitte an Erik Lämmerzahl, GfK SE
Für alle weiteren Fragen zu GfK Compact steht Ihnen Claudia Gaspar zur Verfügung. (E-Mail bitte an hello@nim.org).