Was uns unterhält

Mai 2017

 „Das köstlichste Gut, das ein vernünftiger Mensch besitzt, ist seine freie Zeit.“ Diesen Satz hat der deutsche Schriftsteller Paul Ernst im „Tagebuch eines Dichters“ geschrieben. Doch was tun mit den frei verfügbaren Stunden nach Dienstschluss? Die Unterhaltungsindustrie bietet uns heute mehr Möglichkeiten denn je, uns die Zeit zu vertreiben: Mit Büchern, Musik, Filmen oder Spielen, die dank der Digitalisierung zu jeder Zeit und an jedem Ort verfügbar sind. Vor allem von Literatur fühlen sich die Deutschen gut unterhalten – auf sie entfällt der größte Teil der Umsätze im Entertainmentmarkt. Doch auch im Musikgeschäft tut sich etwas: Die gute alte Vinylschallplatte erlebt gerade ein Comeback und wird verstärkt gekauft.

Morgens mit der Lieblingsmusik aufwachen, sich die Zeit in der Bahn mit Online-Spielen vertreiben und den Abend auf dem Sofa bei einem Buch oder einem Film genießen: Es gibt unzählige Varianten, sich unterhalten zu lassen. Diese Vielfalt lassen sich die Deutschen etwas kosten: Sie gaben im vergangenen Jahr insgesamt mehr als 10,5 Milliarden Euro für Bücher, Musik, Filme oder Games aus.

Damit ist der Entertainmentmarkt noch einmal angewachsen: 2011 lag der Gesamtumsatz noch bei 9,6 Milliarden, im Jahr 2013 immerhin bei knapp 10 Milliarden Euro. Dies zeigen Zahlen des GfK Consumer Panels Media*Scope. In diesem Panel berichten rund 25.000 Personen regelmäßig über ihre Einkäufe von Büchern, elektronischen Games, Kinokarten & Co. Dabei fließen in die Zahlen sowohl physische Käufe als auch der Erwerb digitaler Produkte mit ein.

Bücher: Weiterhin starke Position im Entertainment-Markt

Die Zahlen zeigen: Die Deutschen geben schon seit Jahren vor allem für Bücher und Hörbücher gerne etwas aus. Knapp die Hälfte ihres Entertainment-Budgets, nämlich 40 Prozent, investierten sie 2016 in Lesestoff. Damit ist der Umsatzanteil in den vergangenen Jahren allerdings leicht gesunken – 2011 lag er noch bei 43 Prozent. Doch bedeutet dies, dass das Ende des Buches in Sicht ist? Keineswegs. Absolut betrachtet, gaben die Konsumenten im Jahr 2016 sogar wieder etwas mehr für Bücher aus als noch 2013. Liegt das womöglich an neuen digitalen Angeboten auf dem Entertainmentmarkt? Für Literatur gilt das zumindest nicht. Hier spielen eher steigende Preise eine Rolle, die den Markt trotz rückläufiger Käuferzahlen wachsen lassen. Nur etwa 3 Prozent aller Gesamtausgaben entfielen auf E-Books oder E-Book-Flatrates. Die Menschen scheinen sich also mit einem klassischen gedruckten Buch oder der Hörfassung nach wie vor am wohlsten zu fühlen.

Games: Besonders stark sind die digitalen Varianten

Wenn sie nicht im dicken Schmöker blättern oder sich den Lieblingskrimi vorlesen lassen, entspannen sich die deutschen Verbraucher unter anderem mit Spielen. Auf diese entfallen 20 Prozent der Umsätze. Bei den Games profitieren die digitalen Varianten dabei besonders stark. Fast zwei Drittel des Gesamtbudgets für Spiele geben die Kunden für Downloads, Mikrotransaktionen (virtuelle Güter & Zusatzinhalte), Abonnements sowie für Gebühren für Online-Netzwerke (z.B. Playstation Plus, Xbox Live Gold) aus. In der Kategorie Musik sorgte insbesondere der hohe Streaming-Anteil von 3 der insgesamt 13 Prozent (also fast ein Viertel des Musikbudgets) – für eine steigende Umsatzentwicklung. Ein weiteres Stück vom Kuchen sichern sich die Kategorien der Filmbranche: Mit Home Videos werden 16 Prozent der Umsätze erwirtschaftet, mit Kinotickets immerhin noch 10 Prozent. Das Home Video-Segment konnte dabei ebenfalls stark vom Streaming-Trend profitieren. Mittlerweile haben Anbieter wie Netflix, Amazon und Co. einen Anteil von knapp einem Fünftel (3 von 16 Prozent) der Umsätze.

Digitaler Entertainmentmarkt: Mehr Käufer, höhere Ausgaben

Welcher Entertainment-Typ sind Sie? Derjenige, der beim Lesen lieber ein Buch in der Hand hält und Musik und Hörbuch noch klassisch über CD hört? Oder derjenige, der es sich mit dem Tablet bequem macht und spontan entscheidet, ob er den E-Reader startet oder ein kürzlich heruntergeladenes Video öffnet? Ist letzteres der Fall, gehören Sie zu einer Gruppe, die seit Jahren stetig größer wird. 2016 luden sich insgesamt 14 Millionen Menschen Musik, Literatur oder Filme auf ihre Endgeräte wie Laptop oder Tablet. Fünf Jahre vorher waren es nur 10 Millionen. Der Anteil der Digitalkäufer an der Gesamtbevölkerung ist somit auf etwa 20 Prozent gestiegen. So haben sich die Gesamtausgaben fürs Digitale seit 2011 mehr als verfünffacht - von knapp einer halben Milliarde auf 2,5 Milliarden Euro im Jahr 2016. Zuletzt gab jeder Käufer im Schnitt 181 Euro für digitale Musik, Literatur, Filme oder Games aus. 2011 betrug das jährliche Budget nur einen Bruchteil dieser Summe, nämlich 44 Euro.

Musikmarkt: Renaissance der Schallplatte

300.000 US-Dollar – so viel blätterte ein Sammler vor zwei Jahren für die erste Schallplatte von Elvis Presley hin, wie damals unter anderem „Spiegel online“ meldete. Zugegeben: Ein solcher finanzieller Einsatz ist schon etwas Besonderes und setzt neben einem dicken Konto auch ein großes Faible für Musik, einen bestimmten Künstler oder das besondere Vinyl-Gefühl voraus. Doch auch Menschen mit kleinerem Budget scheinen sich zunehmend für die gute alte Schallplatte zu interessieren. Die Ausgaben für Vinyl steigen seit Jahren kontinuierlich an. 18 Millionen Euro gaben die Menschen 2012 für Platten aus, 2016 waren es bereits 50 Millionen Euro und damit nahezu dreimal so viel.

Vinyl-Comeback: Männliche Käufer treiben Umsatz nach oben

Ein vollerer und wärmerer Klang, Spaß an alter Technik oder der haptische Genuss – was auch immer die Gründe für das Vinyl-Comeback sein mögen, sicher ist: Es sind vor allem die Männer, die für steigende Umsatzzahlen sorgen. Mehr als drei Viertel aller Schallplattenkäufer und damit die deutliche Mehrheit sind Männer. Frauen kommen gerade einmal auf 23 Prozent. Wer weiß, vielleicht sind weibliche Musikliebhaber pragmatischer eingestellt? Und verzichten womöglich auf einen Tonträger, den sie reinigen müssen und leicht verkratzen können zugunsten pflegeleichterer Medien? Sicher ist: Es sind nicht allein die älteren Konsumenten, die aus Nostalgiegründen die Verkaufszahlen in die Höhe treiben, wie der Blick auf die einzelnen Altersgruppen zeigt. Im Gegenteil: Vor allem die 30- bis 49-Jährigen gehören zu den Vinylkäufern. Obwohl sie nur gut ein Viertel der Gesamtbevölkerung ausmachen, stellten sie im vergangenen Jahr 44 Prozent der Plattenkäufer. Ein Drittel geht auf das Konto der 10- bis 29-Jährigen (Anteil an der Gesamtbevölkerung: 23 Prozent). Und nur 22 Prozent der Käufer sind Menschen ab 50 Jahren – die immerhin die Hälfte der Gesamtbevölkerung ausmachen. Offenbar ist es vor allem unter den Hipstern und Millenials angesagt, zur Schallplatte zu greifen.

Ausblick: Entertainmentmarkt bleibt schnelllebig

Ob CD und MP3 eines Tages einen ähnlichen Kultstatus erreichen werden wie die Schallplatte, sei dahin gestellt. Schon heute sieht manch einer ihr baldiges Ende nahen, wobei sich die „Unkenrufer“ vor allem auf Seiten der Musik-Streaming-Anbieter finden. Doch deren Einschätzung ist nicht ganz unbegründet. Immer mehr Konsumenten verzichten darauf, Musik zu besitzen, sondern nutzen sie nur für eine gewisse Zeit. Ein neuer Trend zeichnet sich also am Entertainmentmarkt ab, der diesen mittelfristig umkrempeln kann. Und wer weiß, vielleicht sitzen wir in 80 Jahren nostalgisch vor unseren Smartphones und hören Musik über einen dieser Retro-Streaming-Dienste. Einfach, weil sie so viel besser klingt.


Datenquelle: GfK Media Scope, Individualpanel, 2016

Rückfragen bitte an Bianca Corcoran-Schliemann, GfK SE oder Claudia Gaspar (E-Mail: hello@nim.org).