
Großbrände waren sein Spezialgebiet: Der US-amerikanische Feuerwehrmann Paul Adair bekämpfte bis zu seinem Tod 2004 mehr als 2.000 Feuer rund um den Globus, darunter eine seit sechs Monaten brennende Gasquelle in der algerischen Sahara und 117 Ölquellen, die im ersten Golfkrieg in Flammen aufgegangen waren. Seine Einsätze waren so spektakulär, dass sie sogar den Stoff für einen Film lieferten: In „Hellfighter“ spielte John Wayne 1968 den furchtlosen Feuerwehrmann. Adair hat damals sicher viel für das positive Image seiner Branche getan. Doch auch heute noch genießen Feuerwehrleute hohes Ansehen in der Bevölkerung, und das nicht nur in den USA. In vielen Teilen der Erde bringen ihnen die Menschen besonders viel Vertrauen entgegen. Und auch andere helfende Berufe dürfen sich über ein positives Image freuen.
Sie helfen uns in Notlagen, retten Leben und kümmern sich um andere: In fast allen untersuchten Ländern erzielen Brandschützer und medizinische Berufe wie Sanitäter, Ärzte und Krankenpfleger Bestnoten. Dies zeigen aktuelle Ergebnisse aus der Studie „Trust in Professions 2015“, für die der GfK Verein im Herbst vergangenen Jahres mehr als 29.000 Verbraucherinterviews geführt hat. Menschen aus 27 Ländern weltweit wurden danach gefragt, wie sehr sie 32 vorgegebenen Berufsgruppen vertrauen. Um die Ergebnisse der einzelnen Länder vergleichen zu können, wurden die durchschnittlichen Vertrauenswerte pro Land, global und für Europa, nach der jeweiligen Einwohnerzahl gewichtet berechnet.
Feuerwehrleute sind (unverändert zur letzten Befragung 2014) – globale Spitzenreiter des Vertrauens. Mit Ausnahme Kenias und Nigerias, wo Brandschützer wohl auch aufgrund der mangelnden Ausrüstung und Infrastruktur oft wenig ausrichten können, sprechen ihnen quer über den Globus mindestens 80 Prozent der Menschen hohes oder sehr hohes Vertrauen aus. In vielen Ländern liegen die Werte sogar bei über 90 Prozent. Auch andere helfende Berufe liegen in der Gunst der Bürger weit vorn: Sanitäter genießen in UK, Japan und der Schweiz das größte Vertrauen, Ärzte im Iran und in Südafrika, und in Südkorea verlassen sich die Menschen vor allem auf Krankenpfleger. Neben dem medizinischen Sektor ist auch die Pädagogik im Ranking weit vorne vertreten: Lehrer genießen ebenfalls in drei Ländern – Indien, Indonesien und der Türkei – das höchste Vertrauen. In Kenia, Nigeria und auf den Philippinen stehen Landwirte auf dem Siegertreppchen. Ihnen vertrauen dort zwischen 85 und 95 Prozent der Bevölkerung. Gerade in Kenia stellt die Landwirtschaft den wichtigsten Wirtschaftszweig dar und sichert die Existenz vieler Menschen. In Nigeria ist zwar die Ölproduktion der wichtigste Wirtschaftszweig, dennoch sind über 60 Prozent der Nigerianer in der Landwirtschaft beschäftigt.
Weniger Einigkeit als bei der Wahl besonders vertrauenswürdiger Berufsbilder herrscht zwischen den einzelnen Ländern in puncto Gesamtvertrauen: Die Durchschnittswerte für alle untersuchten Berufsgruppen reichen hier von 55 bis 82 Prozent. Das höchste Vertrauensniveau wird in Indien und Indonesien mit Ergebnissen um die 80 Prozent geäußert. Schlusslichter sind dagegen Nigeria, Japan, Argentinien und Brasilien: Sie liegen mit Gesamtvertrauenswerten zwischen 55 und 56 Prozent fast gleichauf am Ende der Skala. In der Bundesrepublik vergeben die Menschen bessere Vertrauensnoten. Mit einem Gesamtwert von 65 Prozent rangiert das durchschnittliche Vertrauen in Deutschland im Mittelfeld.
Ob wir jemandem vertrauen oder nicht, hängt wohl vor allem von unseren Erfahrungen und Eindrücken ab, die wir im Laufe unseres Lebens sammeln. Und die variieren von Land zu Land und von Kontinent zu Kontinent. Der Vergleich zwischen Europa und der Welt zeigt, dass in den Köpfen der Europäer vor allem die Finanzkrise nachwirkt. So verzeichnen Banker im globalen Durchschnitt zwar Werte von 67 Prozent und liegen damit im Mittelfeld. In Europa jedoch vertrauen den Finanzdienstleistern gerade einmal 42 Prozent der Befragten – das reicht nur für einen der hinteren Plätze. In Sachen Finanzen fällt die Differenz zwischen Europa und dem Rest der Welt damit auch am größten aus. Aber auch gegenüber anderen Berufsgruppen zeigen sich die Europäer verhaltener als der weltweite Durchschnitt. So schneiden Journalisten, Werbefachleute, aber auch Versicherungsvertreter und Unternehmer innerhalb der europäischen Grenzen deutlich schlechter ab – der Abstand zum globalen Vertrauensniveau liegt bei diesen Berufen zwischen 17 und 22 Prozentpunkten.
Doch die Europäer sind nicht per se skeptischer. So manchen Berufsgruppen vertrauen sie mehr als dies die Befragten auf anderen Kontinenten tun. Am stärksten fallen die Unterschiede gegenüber der Polizei ins Gewicht: 71 Prozent der Europäer vertrauen den Ordnungshütern, weltweit liegt der Durchschnitt bei 63 Prozent. Abgesehen von diesen Abweichungen finden sich jedoch auch zahlreiche Parallelen zwischen europäischem und globalem Ranking. Feuerwehrleute sichern sich weltweit ebenso den Spitzenrang wie innerhalb Europas, gefolgt von Krankenschwestern und -pflegern. Auch alle anderen Berufe, die es global unter die Top-10 schaffen, liegen im Europaranking vorn, wenngleich auch in leicht veränderter Reihenfolge. Und auch was das Ende der Skala betrifft, herrscht Einigkeit. So liegen Politiker überall auf dem letzten Platz: Im weltweiten Durchschnitt vertrauen ihnen 30 Prozent der Menschen, in Europa sind es mit 19 Prozent noch einmal deutlich weniger.
Doch wie sieht es mit dem Image einzelner Berufsgruppen hierzulande aus? Auf wen verlassen sich die Deutschen am meisten und wer hat im Vergleich zu anderen Ländern bei uns schlechtere Karten? Überdurchschnittlich hohe Vertrauenswerte genießen in der Bundesrepublik all jene, die für Recht, Ordnung und Sicherheit sorgen: Rechtsanwälte, Richter und Polizisten erzielen eindeutig bessere Noten als ihre Kollegen in Europa oder weltweit. Auch Fahrern öffentlicher Verkehrsmittel, die täglich Tausende Menschen wohlbehalten ans Ziel bringen müssen, stehen die Befragten überdurchschnittlich positiv gegenüber. Und nahezu jeder verlässt sich hierzulande sehr stark auf medizinisches Personal. Vor allem Sanitäter legen in puncto Image noch einige Prozentpunkte drauf. Knapp 96 Prozent der Deutschen vertrauen ihnen – und verschaffen den Rettungskräften damit einen ebenbürtigen Platz wie den Brandschützern.
Der Dienstleistungsbereich in Deutschland wächst seit Jahren: Laut Bundeswirtschaftsministerium erwirtschaftet der sogenannte dritte Sektor etwa 70 Prozent des Bruttoinlandsprodukts und schafft drei Viertel der Arbeitsplätze (Quelle: bmwi.de bzw. statista.com). Eine Bilanz, die sich sehen lassen kann. In puncto Vertrauen allerdings besteht bei bestimmten Berufsgruppen jedoch noch Nachholbedarf. So stehen die Bundesbürger Händlern, Werbefachleuten und Versicherungsvertretern kritischer gegenüber als alle Befragten im Durchschnitt. Vertreter des Medien- und Unterhaltungssektors dürften mit ihren Vertrauenswerten ebenfalls noch nicht zufrieden sein: Journalisten, TV-Moderatoren und Schauspielern stehen die Bundesbürger im globalen Vergleich deutlich kritischer gegenüber als andere Nationen. Der Abstand beträgt zwischen 10 und 27 Prozentpunkte. Und obwohl viele Deutsche bestimmt das ein oder andere Fußballspiel im Fernsehen oder im Stadion genießen, bringen sie den Profispielern auf dem Platz sehr viel weniger Vertrauen entgegen als anderswo. Auch das Vertrauen in die Finanzbranche ist in Deutschland stärker angeschlagen als dies in anderen Teilen der Erde der Fall ist. Zwar schätzen die Bundesbürger Banker ähnlich vertrauenswürdig ein wie es ihre europäischen Nachbarn tun, im globalen Vergleich liegt die Bundesrepublik jedoch deutlich unter dem allgemeinen Vertrauensniveau. Und nicht zuletzt tun sich die Bundesbürger mit ihren Streitkräften schwer. Auf Soldatinnen und Soldaten verlassen sie sich weniger als andere Nationen. Doch es gibt auch eine positive Ausnahme im Dienstleistungsgewerbe: IT-Spezialisten dürfen sich in Deutschland über besonders gute Vertrauenswerte freuen: 59 Prozent halten große Stücke auf die Experten für Computer und Software; das sind 14 Prozentpunkte mehr als in Europa und immerhin 9 Punkte mehr als im globalen Durchschnitt.
Doch wie kann es gelingen, das Vertrauen der Menschen für sich zu gewinnen? Lässt sich ein mittelmäßiges oder sogar negatives Image überhaupt verändern? Ein einfaches Erfolgsrezept gibt es nicht – schließlich bringt jeder Beruf unterschiedliche Herausforderungen mit sich. Aber vielleicht hilft es, sich einen Satz von John F. Kennedy ins Gedächtnis zu rufen. Er soll einmal gesagt haben: „Einen Vorsprung im Leben hat, wer da anpackt, wo die anderen erst einmal reden.“ – ein Satz, der sowohl auf Feuerwehrleute und Sanitäter als auch auf Polizisten sicherlich ganz besonders zutrifft.
Datenquelle: GfK Verein, Studie „Trust in Professions 2016“
Verantwortlich für den Artikel und Ansprechpartnerin für Fragen zu Compact: Claudia Gaspar (E-Mail bitte an hello@nim.org).