Forschung

Haben anthropomorphe Chatbots Einfluss auf unsere Finanzentscheidungen?

Die Art und Weise, wie Menschen mit Computersystemen interagieren und wie sie sich mit Menschen unterhalten, hat sich in den letzten Jahren drastisch verändert. Sogenannte digitale Sprachassistenten (engl. Conversational Agents oder CAs) sind im täglichen Leben immer präsenter. Der Absatz sogenannter Smart Speaker im Jahr 2020 war beispielsweise fünfmal so hoch wie im Jahr 2018. CAs sind Systeme, die Text (z. B. Chatbots), Sprache (Sprachassistenten) oder andere Wege zur Kommunikation mit Menschen nutzen.

Für die Onlinesuche, Navigation oder Unterhaltung nutzen wir CAs ganz selbstverständlich. Aber auch in Bereichen, die wir auf den ersten Blick nicht vermuten, interagieren wir mit künstlichen CAs. In Callcentern interagieren wir z. B. mit sprachbasierten CAs, die natürliche Sprache verwenden. Ganz ähnlich begrüßen uns Chatbots auf Webseiten und leisten erste Hilfestellung oder navigieren uns durch die Webseite.

Die Literatur zeigt, dass menschliche Entscheidungsträger Objekten dann menschliche Eigenschaften (z. B. ein Bewusstsein oder Emotionen) zuschreiben können, wenn diese Objekte menschenähnliche Merkmale wie eine Stimme oder einen Namen haben. Dieses Phänomen wird als Anthropomorphismus bezeichnet. Frühere Forschung hat gezeigt, dass die anthropomorphe Gestaltung von CAs die menschliche Wahrnehmung und das Verhalten in der Mensch-Computer-Interaktion beeinflusst, z. B. erhöht sie das Vertrauen und die emotionale Bindung oder beeinflusst die Zahlungsbereitschaft.

Dieses Projekt zielt darauf ab, die Frage zu beantworten, inwieweit CAs, abhängig von deren menschlichen Eigenschaften, als anthropomorph wahrgenommen werden, insbesondere wenn die CAs Sprache verwenden. Darüber hinaus analysieren wir die Rolle des Anthropomorphismus im Bezug auf die Akzeptanz von CAs in unterschiedlichen Entscheidungskontexten, insbesondere in intrinsisch motivierten, emotionsbasierten Entscheidungssituationen im Vergleich zu rationalen Entscheidungssituationen.

In einer Reihe experimenteller Studien wird die Wirkung anthropomorpher CAs auf finanzielle Entscheidungsfindung in verschiedenen Kontexten analysiert.

Die Probanden treffen Investitionsentscheidungen entweder auf einer Standard-Mikrokreditplattform (rationale Entscheidung) oder auf einer Plattform für prosoziale Mikrokredite (intrinsisch motivierte, emotionale Entscheidung).

In beiden Fällen dient ein Conversational Agent mit unterschiedlichen anthropomorphen Eigenschaften als eine Art Filter und Entscheidungsunterstützungssystem, das durch den Präferenzauswahlprozess führt.

Mit diesem Projekt wollen wir ein Verständnis dafür schaffen, wie Menschen in finanziellen Entscheidungssituationen Entscheidungen treffen, wenn sie durch Conversational Agents unterstützt werden. Wir liefern Erkenntnisse darüber, wie Verbraucher ihr Verhalten ändern, wenn der Agent menschliche Züge aufweist, und können Anhaltspunkte für die Gestaltung von Conversational Agents für verschiedene Arten von Entscheidungsaufgaben liefern.

Die wichtigsten Ergebnisse:

  • Verglichen mit normalen Webseiten führen sogenannte Conversational Agents zu höherer Zufriedenheit mit dem Service.
  • Conversational Agents haben ein bestimmtes Maß an sozialer Präsenz, welche sowohl positiv als auch negativ wirken kann.
  • Die soziale Präsenz von Conversational Agents wirkt negativ, wenn sich Nutzer durch den Conversational Agent beobachtet fühlen.
  • Sie wirkt positiv, da sie das Vertrauen in den Conversational Agent erhöht.
  • Die Stimme als zusätzliches menschliches Merkmal hat keinen Effekt.

Kooperationspartner

  • Prof. Dr. Jella Pfeiffer, Universität Gießen

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