Studie
Unfried, M, & Biró, T. (2025). Komfort versus Umweltschutz? Ergebnisse einer Konsumentenbefragung zur Bewertung und Akzeptanz von Flaschen mit festverbundenen Verschlüssen
2025
Tobias Biró
Komfort versus Umweltschutz?

Seit Mitte 2024 sind Hersteller in der EU verpflichtet, Verschlüsse bei Einweg-Getränkeverpackungen so zu gestalten, dass sie nach dem Öffnen fest mit der Flasche verbunden bleiben. Die Einführung dieser festverbundenen Verschlüsse („Tathered Caps“) geht zurück auf gesetzliche Umweltvorgaben, die eine Reduktion von Plastikmüll zum Ziel haben. Konkret soll die Maßnahme das achtlose Wegwerfen oder Verlieren von Verschlusskappen verhindern und das Recycling verbessern.
Die Umstellung beeinflusst jedoch auch das Nutzungserlebnis der Konsumenten – insbesondere hinsichtlich Handhabung, Hygiene und Komfort. Aus einer 2024 veröffentlichten Studie des Verbraucherrats des Deutschen Instituts für Normung (DIN) geht etwa hervor, dass verschiedene Personengruppen die Verschlüsse schlechter öffnen können.
Das Nürnberg Institut für Marktentscheidungen (NIM) hat die Akzeptanz und Bewertung der Tathered Caps in Deutschland im Rahmen einer repräsentativen Befragung ermittelt. Mitte Mai wurden dafür insgesamt 1.017 Männer und Frauen im Alter von 18 bis 74 Jahren befragt. Die vorliegende Kurzstudie liefert einen kompakten Überblick über die zentralen Erkenntnisse.
Wie bewerten Konsumenten die Handhabung von Flaschen mit festverbundenem Deckel?
Eine große Mehrheit der Bevölkerung (63%) bewertet die Handhabung von Tathered Caps im Vergleich zu herkömmlichen Verschlüssen als schlechter.
Die negative Bewertung herrscht vor in allen untersuchten Bevölkerungsgruppen.
Personengruppen, die die Verschlüsse vergleichsweise positiv sehen, sind Jüngere, Personen mit jüngeren Kindern und Umweltbewusste. Aber auch hier bewertet eine Mehrheit die Handhabung der Verschlüsse negativ.
Welche Probleme sehen Verbraucher im Umgang mit Flaschen bzw. Tetrapacks mit festverbundenem Deckel?
Fast alle Befragten berichten über Probleme im Umgang mit Tathered Caps.
Besonders häufig kritisiert wird, dass die Deckel das Trinken umständlicher machen und dass sie beim Ausgießen stören.
Gruppenunterschiede sind hier nicht zu beobachten. Auch Gruppen, die zuvor positiver über die Handhabung geurteilt haben, berichten ähnlich häufig über die hier aufgeführten Probleme.
Wie bewerten die Deutschen die Einführung dieser Deckel mit Blick auf den Umweltschutz?
Mit Blick auf den Umweltschutz werden Tathered Caps von einer Mehrheit der Deutschen (47%) als nicht sinnvoll beurteilt.
Einen überdurchschnittlich positiven Umweltnutzen attestieren den festverbundenen Deckeln Jüngere, Personen mit jüngeren Kindern und Umweltbewusste.
Aber auch bei diesen Personengruppen ist der positive Beitrag zum Umweltschutz umstritten. Beispiel Umweltbewusste: 39% bewerten die Einführung als sinnvoll, 41% als unsinnig.
Haben die Deutschen ihre Trinkgewohnheiten infolge der Einführung festverbundener Deckel geändert?
Trotz der kritischen Bewertung der Tathered Caps in Bezug auf Handhabung und Umweltnutzen gibt eine Mehrheit an, die eigenen Trinkgewohnheiten nach dessen Einführung nicht geändert zu haben.
Immerhin jede fünfte befragte Person berichtet über radikalere Veränderungen, etwa indem sie Produkte mit solchen Deckeln meidet.
Was die Personengruppen betrifft, die den festverbundenen Deckel vergleichsweise positiv sehen, so sind die Unterschiede in puncto Verhaltensänderung unauffällig.
Der festverbundene Flaschenverschluss hat in Deutschland nicht viele Freunde. Zwei von drei Personen finden ihn in der Handhabung schlechter als Deckel ohne Band, fast alle berichten von Problemen im Umgang. Und nur ein Drittel der Deutschen attestiert dem Verschluss einen positiven Beitrag zum Umweltschutz. Selbst bei Gruppen, die dem Verschluss etwas abgewinnen können, etwa Umweltbewusste und Eltern jüngerer Kinder, dominiert die Skepsis. Dennoch zeichnet sich ein breiter Boykott entsprechend ausgerüsteter Flaschen nicht ab. So groß der Ärger mit den Deckeln ist – die Deutschen scheinen sich insgesamt damit zu arrangieren.
Dr. Matthias Unfried, Studienleiter und Head of Behavioral Science am NIM
Autorinnen und Autoren
- Dr. Matthias Unfried, Head of Behavioral Science, NIM, matthias.unfried@nim.org
- Tobias Biró, Head of Research Communication, NIM, tobias.biro@nim.org
Kontakt