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                            Brand, B., & Ritter, F. (2025). Fleisch, Ersatz und Innovation: Einstellungen und Zukunftsperspektiven zum Fleischkonsum in Deutschland. NIMpulse 13
2025
Dr. Benedikt Brand
Fleisch, Ersatz und Innovation

Unsere Ernährung ist neben der Energiegewinnung und Mobilität eines der Felder, bei dem laut Klimawissenschaftlern eine große Umstellung erforderlich wäre, um den Klimawandel zu bekämpfen. Besonders der Fleischkonsum steht aufgrund seiner schlechten CO2-Bilanz und ineffizienten Landnutzung in der Kritik. Gleichzeitig ist dies ein hochemotionales Thema, die Frage nach mehr oder weniger Fleischkonsum wird in Deutschland in der Öffentlichkeit zunehmend polarisierend diskutiert.
Doch wie sehen die Konsumenten das Thema Fleischkonsum? Und wie stehen sie zu den verschiedenen Arten von Fleischersatzprodukten, die bereits auf dem Markt sind oder dorthin kommen wollen?
In der vorliegenden Studie wurde untersucht, welches Ernährungsverhalten die Deutschen bevorzugen, wie ihr Konsumverhalten beim Thema Fleisch aussieht, welche Einstellung sie zu Fleischkonsum haben und welche Art von Fleischersatz sie bevorzugen würden.
In einem zweiten Teil der Studie wurde der Fokus auf ein bestimmtes Fleischersatzprodukt gelegt, das sogenannte Myzel-Fleisch, bei dem das unterirdische Geflecht von Pilzen verarbeitet wird. Diese Variante zeichnet sich dadurch aus, das sie wenig Geschmacksverstärker benötigt und effizient in der Herstellung ist. Als Novel Food ist es in der EU allerdings noch nicht zugelassen und in Deutschland noch weitestgehend unbekannt. Gefragt wurden unter anderem nach der Bereitschaft, Pilz-Myzel zu testen.
Die Main Results:
- Wie die Deutschen sich ernähren: Knapp 2/3 der Deutschen ernähren sich omnivor, wobei es unter Frauen und Jüngeren viel mehr Veganer und Vegetarier gibt. Fleischersatzprodukte sind somit eher als Zukunftsmarkt zu betrachten. 
- Einstellungen zum Fleischkonsum: Die wichtigsten Gründe für Fleischverzicht sind Tier- und Umweltschutz. Omnivore glauben am wenigsten an negative Klimafolgen des Fleischkonsums und sind der Ansicht, Fleischessen sei für Menschen natürlich. 
- Einstellung zu Fleischersatzprodukten: Ein Teil der Konsumenten hat bei Fleischersatzprodukten Bedenken bezüglich des Geschmacks, Preis-Leistung und Inhaltsstoffen. Allgemein werden pflanzliche Ersatzprodukte bevorzugt. 
- Offen für Myzel-Fleisch: Die meisten Konsumenten sind offen dafür, Myzel-Fleisch zu probieren. Dabei würden sie primär auf den Geschmack achten, weniger auf den Preis. 
- Einstellungen zum Myzel-Konsum: Besonders Veganer und Vegetarier glauben, dass Myzel-Fleisch klimafreundlicher ist. Die Preisbereitschaft ist im Vergleich zu Fleisch geringer, zwischen 43 Prozent bei Omnivoren und 12 Prozent bei Veganern. 
Wie ernähren sich die Deutschen?
Ein Großteil der Befragten sind Omnivore, konsumieren also weiterhin Fleisch ohne Einschränkungen. Immerhin jeder Vierte gibt an, Flexitarier zu sein, also noch Fleisch zu essen, den Konsum aber so weit wie möglich zu reduzieren. Bei Frauen ist der Anteil der Flexitarier und Nicht-Fleischesser deutlich höher als bei Männern.
In der Altersgruppe 18 – 29 Jahre gibt es mehr Individuen, die weniger Fleisch konsumieren und ihren Ernährungsstil als Flexitarier, Pescetarier und Vegetarier einstufen. Auch in den Haushalten mit einem Einkommen von unter 1.000€ ist der Anteil an Omnivoren geringer, während die Anzahl der Pescetarier stark zugenommen hat. Befragte mit einer höheren Bildung (Abitur/Hochschulreife/abges. Studium) bezeichnen sich öfters als Flexitarier im Gegensatz zu Befragten mit einer niedrigeren Bildung (Haupt-/Volksschule).
Die Mehrheit der Flexitarier konsumiert Fleisch maximal ein- bis zweimal die Woche. Omnivoren hingegen konsumieren deutlich häufiger Fleisch. Jeder Dritte Omnivore gibt an, Fleisch drei- bis viermal die Woche zu essen, jeder Vierte sogar noch häufiger.
Die Mehrheit der Fleischesser will ihren Fleischkonsum nicht weiter reduzieren, wobei große Teile der Befragten angaben, den Konsum in der Vergangenheit bereits reduziert zu haben. Unter Flexitariern will jeder Vierte weiter reduzieren. Nur ein geringer Teil der Befragten gab an, in Zukunft wieder mehr Fleisch konsumieren zu wollen.
Warum verzichten Deutsche auf Fleischkonsum, warum nicht?
Die Mehrheit der Deutschen verzichtet auf Fleischkonsum aus gesundheitlichen Gründen, Tierschutz (Tierwohl), sowie Umwelt-/Klimaschutz. Die Eigenschaften der Fleischersatzprodukte sind auch von Bedeutung, insbesondere achten die Befragten auf die Inhaltsstoffe (Proteine, Nährstoffe) der Produkte. Zu hohe Fleischpreise spielen hingegen kaum eine Rolle bei der Entscheidung zum Verzicht.
Omnivoren geben an, dass es unnatürlich sei, kein Fleisch zu essen. Sie glauben allerdings nicht zwingend, das Essen ohne Fleisch fad schmecken würde. Außerdem bezweifeln sie im Gegensatz zu den anderen Ernährungsgruppen, dass es genug Alternativen zu Fleisch gibt und das die Fleischindustrie zum Klimawandel beiträgt. Einigkeit herrscht dabei, dass Massentierhaltung Tierquälerei ist.
Deutsche sind sich quer durch alle Ernährungstypen einig, dass die Lebensmittelindustrie und -herstellung vom Staat reguliert werden sollte.
Was für Bedenken haben die Deutschen bei Fleischersatzprodukten?
Die Eigenschaften neuartiger Lebensmittel halten die meisten Befragten von deren Integration in die Ernährung ab. Befragte haben Bedenken, dass die neuartigen Lebensmittel im Vergleich zu Fleischprodukten schlechter schmecken und eine geringere Qualität in Bezug auf ihre Inhaltstoffe aufweisen. Zudem befürchten sie höhere Preise. Knapp die Hälfte will keine Fleischersatzprodukte konsumieren. Pflanzliche Alternativen repräsentieren das meistpräferierte Fleischersatzprodukt.

Welche Deutschen bevorzugen Fleischersatzprodukte und in welcher Form?
Die Umfrageteilnehmer mit einer höheren Bildung (z.B. Abitur) bevorzugen eher Fleischersatzprodukte, wobei die pflanzlichen Produkte die höchste Zustimmung erhalten. Befragten mit einem Haupt-/ Volksschule Abschluss sind eher weniger von Fleischalternativen überzeugt, vor allem die pflanzlichen Produkte nehmen in dieser Gruppe an Bedeutung ab. Die Fleischersatzprodukte erfahren größere Beliebtheit bei der jüngeren Generation (18 – 29 Jahre) als bei den älteren (70 – 74 Jahre). Befragte mit einem Einkommen von 5.000 € und mehr bevorzugen eher pflanzliche Produkte gegenüber anderen Alternativen. Bei Umfrageteilnehmer mit einem Einkommen unter 1.000€ werden die pflanzlichen Alternativen eher weniger bevorzugt, wobei Novel Foods wie kultiviertes Fleisch und Myzel-Fleisch mehr präferiert werden.
Die Mehrheit der Befragten ist wenig offen gegenüber neuartigen Fleischersatz-alternativen, wie kultiviertem Fleisch oder Insektenproteinen. Jedoch äußern Männer eine höhere Präferenz sowohl für kultiviertes Fleisch als auch für Insektenproteine im Vergleich zu Frauen. Alle Ernährungsgruppen präferieren pflanzliche Produkte, außer Omnivore, die am häufigsten keine der Alternativen wählen möchten. Pescetarier wählen am häufigsten Myzel-Fleisch, wohingegen kultiviertes Fleisch unter Veganern am beliebtesten ist. Insektenproteine werden von keiner Gruppe besonders wertgeschätzt.
Würden Deutsche auch Myzel-Fleisch probieren?
Alle Ernährungstypen zeigen grundsätzliches Interesse am Myzel-Fleisch und würden diese Fleischersatzalternative probieren. Im Allgemeinen zeigen Veganer, Vegetarier und Flexitarier die höchste Bereitschaft Myzel-Fleisch zu probieren. Obwohl Pescetarier weniger dazu bereit sind Myzel-Fleisch zu probieren, würden sie am ehesten von allen Ernährungstypen es im Restaurant und selbst zubereitet essen. Omnivoren sind am negativsten zum Myzel-Fleisch eingestellt.
Der Geschmack ist mit Abstand die wichtigste Eigenschaft, auf die die Befragten beim Verzehr von Myzel-Fleisch achten. Zudem hat sich die Konsistenz von dem Novel Food auch als bedeutend erwiesen. Im Gegensatz dazu, scheinen die Merkmale Aussehen/Form, Geruch und Preis (Im Vergleich zu anderen Fleischersatzprodukten) keine große Rolle zu spielen. Die Mehrheit der Befragten würde Myzel-Fleisch in Form von einem Schnitzel probieren. Danach wurden die Formen Hackfleisch und Steak am häufigsten gewählt.
Was für Vorbehalten haben Deutsche womöglich bei Myzel-Fleisch und wie viel würden Sie dafür zahlen?
Die meisten Teilnehmenden wünschen sich, dass die Verwendung von Myzel-Proteinen in der Lebensmittelherstellung auf der Verpackung klar (mit einem extra Label) gekennzeichnet wird. Vor allem Omnivore und Flexitarier zeigen Präferenz für ein klares (extra) Label auf der Verpackung. Die Mehrheit der Befragten findet den Gedanken, Myzel-Fleisch zu konsumieren weder ekelerregend noch machen sie sich allzu große Sorgen über gesundheitliche Folgen. Nur Omnivore haben gelegentlich Sorge, dass Myzel-Fleisch einen schlechten Geschmack/Qualität im Vergleich zu normalem Fleisch haben wird. Alle Befragten außer Omnivore sehen Myzel-Fleisch als gute Alternative zu Fleisch an.
Unter allen Ernährungstypen zeigen Veganer, Vegetarier und Flexitarier die höchste Zahlungsbereitschaft für Myzel-Fleisch. Nichtsdestotrotz sind alle Gruppen dazu bereit, für Myzel-Fleisch mind. 50 Prozent des Preises von konventionellem Fleisch zu zahlen.
Autorinnen und Autoren
- Florian Ritter, Research Communication Specialist, NIM, florian.ritter@nim.org
- Dr. Benedikt Brand, Manager Research Networks & Labs, NIM, benedikt.brand@nim.org
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