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Reparieren oder neu kaufen? Eine Untersuchung über die Haltung zur Reparierbarkeit von Elektrogeräten in 7 Ländern
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Zürn, M., Unfried, M., & Biró, T. (2025). Reparieren oder neu kaufen? Eine Untersuchung über die Haltung zur Reparierbarkeit von Elektrogeräten in 7 Ländern. NIMpulse 11

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Jahr

2025

Autorinnen und Autoren
Dr. Michael K. Zürn,
Dr. Matthias Unfried,
Tobias Biró
Titel der Studie
Reparieren oder neu kaufen?
Studientyp
NIMpulse
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Reparieren oder neu kaufen?

Eine Untersuchung über die Haltung zur Reparierbarkeit von Elektrogeräten in 7 Ländern

Im Juni 2025 tritt die neue Ökodesign-Verordnung der Europäischen Union in Kraft. Darin werden neue Vorgaben für Smartphone-Hersteller mit Blick auf Verbraucherinformation, Produkthaltbarkeit und Reparierbarkeit etabliert. Ziel ist, dass Elektrogeräte effizienter, langlebiger und ressourcenschonender werden. Auch Recycling und Kreislaufwirtschaft sollen gestärkt werden.

Aktuell stellt Elektroschrott ein großes und wachsendes Problem dar. Dem Global E-WasteMonitor 2024 der UNO zufolge fielen im Jahr 2022 weltweit 62 Millionen Tonnen an elektronischem Abfall an, was einem Anstieg von 82 Prozent im Vergleich zum Jahr 2010 entspricht. Eine Möglichkeit, mit dem Elektroschrott umzugehen, ist Recycling. Eine andere ist die Reparatur, sodass Elektroschrott gar nicht erst in dem Umfang entsteht.

Für die vorliegende Studie wurde ermittelt, wie Verbraucher über Reparaturen und Reparierbarkeit denken. Unter welchen Bedingungen wird ein kaputtes Elektrogerät repariert? Wie hoch ist die Zahlungsbereitschaft? Besteht der Wunsch nach einer stärkeren Reparaturkultur und was müsste passieren, damit diese Realität wird? Am Ende hängt es auch vom Verbraucher und seinen Marktentscheidungen ab, ob Langlebigkeit und Kreislaufwirtschaft Realität werden können.

Um das nationale Reparaturverhalten besser einordnen zu können, wurden in der Studie sieben Länder berücksichtigt: mit Deutschland, Österreich, Frankreich, Italien, Polen, Großbritannien und den USA werden fünf EU-Länder und zwei Nicht-EU-Länder analysiert. Die Studie basiert auf repräsentativen Befragungen von jeweils 2.000 Erwachsenen pro Land.

Die Main Results:

  • Markt für Reparaturen: In den untersuchten Ländern lässt etwa die Hälfte der Verbraucher elektrische Geräte reparieren. Potenzial für einen wachsenden Reparaturmarkt ist überall vorhanden.
  • Gründe für die Reparatur: Gründe, weshalb Verbraucher eine Reparatur durchführen, liegen vor allem in den ggü. dem Neukauf geringeren Kosten. Für die Mehrheit beträgt die Kostengrenze knapp 20 Prozent des Neuanschaffungspreises.
  • Gründe gegen die Reparatur: Reparaturen sind häufig zu teuer. Der Wunsch nach einem neuen Modell wird vergleichsweise selten aufgeführt.
  • Smartphones und Reparaturen: Beim Gerätekauf spielt die Reparierbarkeit nur eine untergeordnete Rolle. Ihre Bedeutung ließe sich durch ein Reparierbarkeitslabel steigern.
  • Politische Rahmenbedingungen für Reparierbarkeit: In allen Ländern außer den USA wünscht sich eine große Mehrheit mehr politische Unterstützung. Wo es Förderprogramme gibt, zeigen sich im Vergleich keine höheren Reparaturquoten.

Wie groß ist der Markt für Reparaturen?

In den meisten untersuchten Ländern werden am häufigsten große Haushaltsgeräte repariert. Vor allem in Großbritannien und den USA liegt diese Kategorie mit großem Abstand vor anderen Kategorien. Über alle Produktkategorien werden Elektrogeräte im Ländervergleich am häufigsten in Italien (61%) repariert, in Frankreich (43%) und Deutschland (41%) am seltensten.

In allen untersuchten Ländern wünscht sich eine große Mehrheit (>75%), dass Elektrogeräte künftig generell einfacher reparierbar sind. Besonders stark ausgeprägt ist dieser Wunsch in den Ländern, in denen zuletzt überdurchschnittlich viele Reparaturen durchgeführt wurden. So ist der Wunsch nach einer einfacheren Reparierbarkeit in Italien am weitesten verbreitet (85%), und dort werden aktuell auch von den meisten Bewohnern Elektrogeräte repariert.

Was sind die Gründe für die Reparatur?

Länderübergreifend waren die geringeren Kosten im Vergleich zum Neukauf der wichtigste Grund für eine Reparatur. Dieser Aspekt steht in allen untersuchten Ländern an erster Stelle. Der Nachhaltigkeitsaspekt spielt je nach Region eine unterschiedlich große Rolle. In Deutschland, Österreich und Frankreich ist der Wunsch, Ressourcen zu schonen und die Umwelt zu schützen, ein zentraler Beweggrund für Reparaturen. In den USA hingegen hat dieser Faktor eine deutlich geringere Bedeutung.

Wo viele Befragte als Grund für ihre Entscheidung pro Reparatur Umweltschutz-Motive angegeben haben, lässt sich kein erhöhtes Reparaturverhalten beobachten. Beispiele sind vor allem Frankreich und Deutschland. Österreich bildet hierbei eine Ausnahme. Ein deutlich stärkerer Zusammenhang zeigt sich zwischen Reparaturneigung und Preis: Je mehr Befragte angeben, dass die Reparatur günstiger war als ein Neukauf, desto häufiger wird repariert.

Auf die Frage, welche allgemeinen Bedingungen erfüllt sein müssen, damit repariert statt neu gekauft wird, nennt die Mehrheit in allen Ländern einen angemessenen Preis (jeweils über 60%). Ein weiteres wichtiges Kriterium ist mit der Garantie oder Gewährleistung (ca. 40%) ebenfalls preisbezogen. Bedingungen wie Reparaturgeschwindigkeit und eine einfache Abwicklung spielen zwar ebenfalls eine Rolle, werden jedoch seltener als die preisbezogenen Faktoren genannt.

Kosten sind das wichtigste Kriterium bei Reparaturentscheidungen. Bei der Frage, welche Kosten Verbraucher für Reparaturen als angemessen ansehen, gibt es eine klare Grenze, die je nach Land bei etwa 15 bis 20 Prozent des Neukaufpreises liegt. Die höchste Zahlungsbereitschaft gibt es in Österreich, wo Konsumenten im Durchschnitt bereit sind, 19 Prozent des Geräte-Neukaufpreises zu zahlen. Die geringste Zahlungsbereitschaft gibt es in Frankreich, Großbritannien und den USA mit 15 Prozent.

Welche Gründe werden gegen die Reparatur angeführt?

Bei der Frage nach den Gründen, die der Reparatur eines kaputten Elektrogeräts im Wege standen, stehen zu hohe Kosten an erster Stelle. In allen Ländern wird dieser Grund mit Abstand am häufigsten genannt. Ebenfalls häufig genannt wird der hohe Aufwand einer Reparatur, wobei dieser Aspekt in der Häufigkeit stark zwischen den Ländern variiert. Der Wunsch nach einem neueren Modell spielt in allen Ländern eine eher untergeordnete Rolle.

Insbesondere in Deutschland, wo der hohe Aufwand häufig als Hinderungsgrund für Reparaturen genannt wird, werden Elektrogeräte von Verbrauchern auch seltener repariert. In Italien hingegen, wo der Aufwand seltener als Hindernis wahrgenommen wird, ist die Reparaturquote am höchsten. Davon weichen v.a. zwei Länder ab: Frankreich, mit niedrigen Werten bei Aufwand und niedriger Reparaturhäufigkeit sowie Österreich, mit hohen Werten bei Aufwand und mittlerer Reparaturhäufigkeit.

Insbesondere jüngere Personen empfinden den Aufwand als besonders hoch. Auch Personen mit höherem Bildungsabschluss und höherem Einkommen sind relativ oft der Ansicht, dass eine Reparatur gegenüber dem Neukauf zu umständlich ist. Ähnlich sieht es beim Wunsch nach einem neueren Modell aus. Offenbar ist diese Reparaturhürde insbesondere unter Jüngeren sowie Personen mit höherem Bildungsabschluss und Einkommen weit verbreitet.

Die Kosten – vor allem der Abstand zum Neukaufpreis – spielen sowohl bei den Gründen für eine Reparatur als auch dagegen die zentrale Rolle. Verbraucher in allen untersuchten Ländern setzten ziehen eine Reparatur in Betracht bei Kosten von knapp 20 Prozent des Neukaufpreises an. Tatsächlich liegen die Reparaturkosten in Europa und den USA offenbar oft über diesem Wert. Wirtschaftsvertreter argumentieren häufig, dass Konsumenten an der Reparierbarkeit von Elektrogeräten nicht interessiert wären, da der Wunsch nach neueren Modellen überwiege. Diese Annahme lässt sich durch die vorliegenden Daten nicht belegen. Nur ca. 20 Prozent der Befragten nannten den Wunsch nach neuen Modellen als Grund gegen eine Reparatur.

Welche Rolle spielt die Reparierbarkeit beim Smartphone-Kauf?

Beim Smartphone-Kauf sind vor allem Akkulaufzeit, Preis und Speicherkapazität entscheidend. Demgegenüber spielt die Reparierbarkeit eines Geräts eine deutlich geringere Rolle. Auch andere Merkmale, die auf eine längere Nutzungsdauer hinweisen – etwa eine längere Garantie oder regelmäßige Software-Updates – werden nur von wenigen als besonders wichtig eingestuft.

In Ländern, in denen beim Kauf stärker auf die Reparierbarkeit von Smartphones geachtet wird, werden diese auch häufiger repariert. Besonders deutlich zeigt sich das in Italien: 60 Prozent der Befragten geben an, dass ihnen die Reparierbarkeit beim Smartphone-Kauf wichtig war (Rang 1). Zudem ließen dort in den vergangenen 12 Monaten 26 Prozent der Befragten ihr Telefon mind. einmal reparieren (Rang 1). Deutschland und Österreich bilden hier das Schlusslicht: In beiden Ländern wird am seltensten auf Reparierbarkeit geachtet – und selten repariert.

Würde die Reparierbarkeit eines Smartphones eine größere Rolle spielen, wenn entsprechende Informationen leichter zugänglich wären? Davon gehen die meisten Verbraucher aus.  Das gilt auch für Personen, die sich beim letzten Smartphone-Kauf kaum oder gar nicht mit der Reparierbarkeit des Geräts befasst haben. Auch in dieser Gruppe ist in allen untersuchten Ländern eine Mehrheit der Meinung, dass ein entsprechendes Label die Bedeutung der Reparierbarkeit erhöhen würde. Am häufigsten wird diese Meinung geteilt in Italien, am seltensten in Deutschland.

Soll die Politik die Reparierbarkeit fördern?

Bei der Frage, ob der Staat Maßnahmen zur Förderung von Reparaturen ergreifen sollte, fällt die Zustimmung in den meisten Ländern hoch aus. Eine Ausnahme bilden die USA, wo eine knappe Mehrheit ein staatliches Engagement ablehnt. In den europäischen Ländern liegt die Zustimmung hingegen bei etwa 80 Prozent. In Großbritannien sprechen sich 77 Prozent der Befragten dafür aus.

Wie sollte sich der Staat konkret einbringen? In vielen Ländern wünschen sich Befürworter staatlicher Maßnahmen vor allem strengere Vorgaben für Hersteller. Besonders beliebt ist eine gesetzliche Verpflichtung, Ersatzteile besser verfügbar zu machen. Auch eine längere Gewährleistung auf reparierte Geräte wird stark befürwortet. Das Reparaturlabel zählt zwar nicht zu den meistgenannten Maßnahmen, dennoch hält etwa jeder dritte Befürworter eine Einführung für sinnvoll.

Wie effektiv sind Födermaßnahmen?

Die Daten zeigen, dass in Österreich und Frankreich, wo landesweite Förderprogramme vorhanden sind, aktuell nicht häufiger repariert wird.

In Österreich gibt es seit April 2022 ein Programm, mit dem die Reparatur von Elektrogeräten staatlich bezuschusst wird. Die Förderhöhe beträgt 200€ bzw. 50 Prozent des Rechnungsbetrags pro Reparatur. In Frankreich existiert seit Dezember 2022 ein ähnliches Programm, durch das die Reparatur ausgewählter Elektrogeräte mit einem Betrag zw. 7€ und 50€ staatlich bezuschusst wird. Im internationalen Vergleich fallen weder Österreich noch Frankreich durch eine besonders hohe Reparaturhäufigkeit auf.

Sowohl das landesweite Programm in Österreich als auch das in Frankreich zielen darauf ab, die Reparaturkosten zu reduzieren. In Österreich ist die Förderhöhe deutlich höher als in Frankreich. Dennoch werden die Reparaturkosten in beiden Ländern von vielen als zu hoch empfunden. In Österreich beklagen sogar deutlich mehr Konsumenten als im internationalen Durchschnitt die hohen Kosten. Auch der Aufwand wird in Österreich von überdurchschnittlich vielen als zu hoch empfunden.

Die Bedeutung der Reparierbarkeit beim Smartphone-Kauf lässt sich als Indikator für das Reparaturbewusstsein heranziehen. Österreich und Frankreich – also die beiden Länder mit landesweiten Förderprogrammen – zeigen im internationalen Vergleich jedoch kein erhöhtes Reparaturbewusstsein. In Österreich nimmt das Kriterium der Reparierbarkeit beim Smartphone-Kauf sogar eine deutlich untergeordnete Rolle ein.

In deutschen Bundesländern mit regionalem Förderprogramm liegen die Reparaturquoten höher als im Bundesschnitt.

In Berlin erhalten Verbraucher für Reparaturen an Elektrogeräten bei Fachbetrieben einen staatlichen Bonus in Höhe von 50 Prozent der Reparaturkosten, maximal 200€. Rechnungen für Reparaturen in Repair Cafes werden sogar vollständig übernommen, solange die Kosten 200€ nicht überschreiten. In Thüringen übernimmt der Staat pro Person und Jahr 50 Prozent der Reparaturkosten, begrenzt auf 100€ pro Reparatur. In Sachsen ist der Förderbetrag bei 200€ bzw. 50 Prozent des Rechnungsbetrags gedeckelt. Hier können pro Person und Kalenderjahr bis zu zwei Reparaturen gefördert werden. Die für diese Studie erhobenen Daten deuten darauf hin, dass Elektrogeräte in Bundesländern mit Reparaturbonus überdurchschnittlich häufig repariert werden. 

Die Landesprogramme in Berlin, Thüringen und Sachsen verfolgen vor allem das Ziel, Reparaturkosten zu senken. Die Fördersummen sind in Berlin und Sachsen höher angesetzt, während das Programm in Thüringen bereits früher eingeführt wurde. Trotz dieser Programme werden in allen drei Ländern „zu hohe Reparaturkosten“ am häufigsten als Hürde für Reparaturen genannt – ähnlich häufig wie im deutschen Durchschnitt. Weder in Berlin noch in Thüringen oder Sachsen legen Verbraucher beim Smartphone-Kauf im innerdeutschen Vergleich überdurchschnittlich großen Wert auf die Reparierbarkeit. Das deutet darauf hin, dass die bestehenden Förderprogramme bislang noch nicht zu einem stärkeren Bewusstsein in puncto Reparierbarkeit geführt haben. Mögliche Gründe dafür könnten etwa sein: ein suboptimales Programmdesign, unzureichende finanzielle Mittel, eine noch zu kurze Laufzeit oder niedrige Ausgangswerte vor Programmeinführung.

Key Insights

  • Der Staat könnte sich grundsätzlich stärker für Reparaturen engagieren. Dafür spricht sich auch eine Mehrheit in den meisten untersuchten Länder aus. Konkret wünschen sich Verbraucher, dass Hersteller und Handel Ersatzteile besser und länger verfügbar machen.
  • Hersteller sollten bei Design und Technik darauf achten, dass sich Geräte einfach und kostengünstig reparieren lassen. Verbraucher wünschen sich eine bessere Reparierbarkeit und könnten entspre-chend handelnde Hersteller honorieren. Auch sind Hersteller damit auf entsprechende politische Initiativen vorbereitet.
  • Der Handel könnte Reparaturen koordinieren und den Aufwand auf Seiten der Verbraucher reduzieren. Der Aufwand ist eine der meistgenannten Hürden
    im Kontext Reparaturen. Auch sollte der Handel eine prominente Rolle dabei spielen, Verbraucher über die Reparierbarkeit aufzuklären.
  • Konsumenten lassen sich vor allem durch niedrige Kosten und wenig Aufwand von Reparaturen überzeugen. Potenzial ist da: Eine Mehrheit der Verbraucher zeigt sich dafür aufgeschlossen, mehr zu reparieren und Elektrogeräte länger zu nutzen.

Studie und Fragebogen wurden vom Nürnberg Institut für Marktentscheidungen (NIM) konzipiert. Erhoben wurden die Daten über NIQ/GfK in Online Access Panels. Dafür wurden 14.000 Personen im Alter von 16-74 Jahren befragt, die repräsentativ für die (Online-)Bevölkerung in den sieben Ländern ist. Die Befragung wurde im Zeitraum 27.02.2025 bis 13.03.2025 durchgeführt.

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