Jenseits der 4 Ps: Wie Marketing in einer dynamischen Welt strategische Impulse setzt
Wenige Konzepte im Marketing hatten so viel Einfluss auf die Marketingdisziplin wie die 4 Ps – Product, Price, Place und Promotion. Über Generationen hinweg hat dieser Ansatz maßgeblich geprägt, wie Marketing vermittelt, verstanden und praktiziert wird – ergänzend zu wichtigen Grundlagen wie Situationsanalysen, den 5 Cs - Company, Customers, Competitors, Collaborators und Context – sowie Segmentierung, Targeting und Positionierung. Die 4 Ps haben die Komplexität des Marktes auf vier steuerbare Hebel verdichtet und es Marketern ermöglicht, Entscheidungen systematisch zu strukturieren und ihre Rolle als Architekten von Wertschöpfung und Wachstum zu demonstrieren.
Zeit für Reflexion, Zeit für Erneuerung
In der Praxis hängen Tragweite und Einfluss der 4 Ps jedoch immer vom organisatorischen Kontext ab. In manchen Unternehmen – insbesondere in der Konsumgüter- und Werbebranche – verfügten Marketingverantwortliche oft über weitreichende Befugnisse und maßgeblichen Einfluss auf beispielsweise Produktstrategien und die Preisgestaltung. In anderen wiederum war ihr Einfluss geringer und oft auf Kommunikationsthemen beschränkt. Da Unternehmen zunehmend datengesteuert, effizienzorientiert und in ihrer Struktur fragmentierter agieren, haben einige Marketingabteilungen Entscheidungsbefugnisse verloren, wobei Aufgaben, die einst zum Kern des Marketings gehörten, auf andere Bereiche verteilt wurden. Mit dem zunehmenden Fokus vieler Unternehmen auf Daten und Effizienz kam es zu einer schrittweisen Reduktion der Entscheidungskompetenz des Marketings – traditionelle Kernaufgaben wanderten in andere Funktionen.
Diese Entwicklung hat das Standing der Marketingfunktion in vielen Organisationen geschwächt. Gerade in einer Zeit, in der digitale Disruption, Stakeholder-Aktivismus und künstliche Intelligenz (KI) die Wettbewerbslandschaft verändern, schieben einige Unternehmen die Funktion beiseite, die am besten geeignet ist, Kundenwissen, integratives Denken und kreative Führungsqualitäten einzubringen. Dabei war Marketing nie so wichtig wie heute. Um sein Potenzial auszuschöpfen, muss das Marketing jedoch seinen Auftrag neu definieren, sich in Unternehmen neu positionieren und seine strategische Rolle als Wachstumsmotor zurückerobern.
Ein kurzer Überblick über die jüngere Geschichte des Marketings
Marketing war nie eine statische Disziplin. Das Aufgabenspektrum, die Instrumente und die innerbetrieblichen Einflussmöglichkeiten haben sich im Laufe der Zeit stark gewandelt – geprägt durch Entwicklungen in Wirtschaft, Technologie und den Erwartungen der Konsumentinnen und Konsumenten. Um zu verstehen, wohin sich Marketing künftig entwickeln könnte, lohnt sich ein Blick zurück.
In der vordigitalen Ära, insbesondere in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, bewegte sich Marketing in einem relativ stabilen Medienumfeld, das von Massenkommunikationskanälen wie Fernsehen, Print und Radio dominiert war. Marketingabteilungen konzentrierten sich häufig auf Werbung und Promotion, mit einem starken Fokus auf Markenbekanntheit, Positionierung und Massenkommunikation. Die 4 Ps spiegelten diese Rahmenbedingungen wider: Produkte waren oft standardisiert, Märkte weniger fragmentiert und Kundenfeedback-Schleifen langwierig und indirekt.
Das Aufkommen des Internets in den 1990er Jahren markierte einen bedeutenden Wendepunkt. Digitale Werkzeuge ermöglichten es Marketern erstmals, in einen echten Dialog mit Kundinnen und Kunden zu treten, ihr Verhalten präziser zu beobachten und gezieltere Kampagnen aufzusetzen. E-Mail-Marketing, Bannerwerbung und E-Commerce-Plattformen eröffneten neue Möglichkeiten – und brachten zugleich neue Kennzahlen mit sich. Die Vision von skalierbarer Personalisierung nahm Gestalt an. Digitales Marketing entwickelte sich als eigenständige Disziplin und lief über lange Zeit parallel zu traditionellen Marketingaktivitäten.

Geschichte Marketing
In den 2000er und frühen 2010er Jahren gewann das Thema Marketing Analytics zunehmend an Bedeutung. CRM-Systeme, Webanalyse- und Marketingautomatisierungstools ermöglichten es Marketern, auf bis dahin undenkbare Datenmengen zuzugreifen. Auch wenn diese Technologien nicht überall gleichermaßen Einzug hielten, eröffneten sie neue Chancen für datengestützte Entscheidungen. Während einige Marketingabteilungen die neuen Chancen aktiv aufgriffen, reagierten andere zurückhaltender. Eigene Forschungsarbeiten haben jedenfalls gezeigt, dass Unternehmen, die Marketing Analytics effektiv nutzen, eine deutlich bessere Performance erreichen können.
Heute stehen wir erneut an einem Wendepunkt: dem zum Zeitalter der Künstlichen Intelligenz. KI und Machine Learning verändern grundlegend, wie man Kunden versteht, wie man Erlebnisse gestaltet und wie man Ressourcen verteilt. Die Fähigkeiten, zu prognostizieren, zu personalisieren und zu automatisieren, entwickeln sich rasant weiter.
Zwar sind nahezu alle Unternehmensfunktionen von diesen technologischen Umbrüchen betroffen, doch kaum eine so stark wie das Marketing. Kernaufgaben in Funktionen wie Buchhaltung oder Finanzen – wie die Umsatzrealisierung oder die Cashflow-Modellierung – sind relativ stabil geblieben. Im Gegensatz dazu muss sich das Marketing immer wieder neu erfinden.
Solche Veränderungen sind – wie jeder Wandel – selten einfach. Doch gerade darin liegt für das Marketing eine besondere Chance: die eigene Rolle im Unternehmen neu zu definieren und aufzuwerten. Das gelingt jedoch nicht durch nostalgisches Festhalten an traditionellen Ansätzen. Das Marketing muss seine Tools an neue Realitäten anpassen und Unternehmen durch zunehmende Komplexität führen.
Jenseits der 4 Ps: Ein neues Mandat für das Marketing
Die ursprünglichen 4 Ps boten einst einen hilfreichen Ansatz, waren jedoch für einen stabileren, produktzentrierten Markt konzipiert. Die heutige Realität ist volatiler, vernetzter und stärker von vielfältigen Stakeholdern geprägt. Das Marketing muss nun sein Mandat erweitern – nicht durch das Verwerfen der 4 Ps, sondern indem es sie neu interpretiert für eine Welt, in der Erlebnisse, Authentizität, Werte und Zugang entscheidend sind. In den letzten Jahren haben viele Marketer begonnen, die 4 Ps neu zu denken, um den aktuellen Herausforderungen und Chancen besser gerecht zu werden (siehe Box 1). Die Neukonzeption macht sichtbar, dass Marketing längst nicht mehr an seine klassischen Grenzen gebunden ist. Vielmehr hat es heute das Potenzial, alle Facetten der Wertschöpfung innerhalb und außerhalb von Unternehmen zu prägen.
Zusammengenommen erweitern diese Entwicklungen nicht nur den Handlungsspielraum des Marketings, sondern heben auch die Messlatte dafür an, was es bedeutet, ein Marketing-Leader zu sein.

Marketing-Einfluss sichern und ausbauen: Was sich ändern muss
Marketing jenseits der 4 Ps entwickelt sich zu einer Funktion, die Erlebnisse gestaltet, mit Purpose führt, Mehrwert schafft und Plattformen aufbaut. Doch wie lässt sich diese Vision in der Unternehmenspraxis tatsächlich umsetzen? Was muss sich innerhalb von Organisationen ändern, damit Marketing diese erweiterte Rolle erfüllen kann?
Die Antwort liegt meines Erachtens vor allem in drei Faktoren: Strukturen, Kennzahlen und Mindset. Diese drei miteinander verflochtenen Hebel entscheiden darüber, ob Marketing als rein taktische Support-Einheit wahrgenommen wird oder als strategischer Wachstumstreiber.
Wenn Unternehmen diese Hebel gezielt nutzen, kann sich Marketing neu positionieren: als zentrale, wertschöpfende Kraft, die sich durch messbare Erfolge ihren festen Platz in der Unternehmensführung sichert.
> Struktur: Marketer als vernetzte Wachstumsarchitekten
Einfluss in Unternehmen ist nicht selbstverständlich – er muss verdient werden. Damit Marketing eine Führungsrolle übernehmen kann, muss es so strukturiert und positioniert sein, dass es Strategien mitgestaltet und nicht nur unterstützt. Dies beginnt mit einem Umdenken hinsichtlich der Rolle des CMOs und der Beziehung der Marketingabteilung zur restlichen Geschäftsleitung. Der CMO sollte nicht länger ausschließlich als Markenverantwortlicher gesehen werden, wie es in vielen Unternehmen noch der Fall ist, sondern als Wachstumsarchitekt – als Führungskraft, die substanzielle Beiträge zu Innovations-Roadmaps, Kapitalallokation und Unternehmensstrategie leistet. Unsere Forschungsergebnisse zeigen klar: Unternehmen mit gestärkten Marketingabteilungen, CMOs und Marketingexperten in Vorstands- oder Aufsichtsgremien übertreffen ihre Wettbewerber regelmäßig. Und doch ist es paradoxerweise häufig das Marketing, das bei wirtschaftlichem Gegenwind als Erstes Budgetkürzungen hinnehmen muss – ein Zeichen dafür, wie fragil seine strategische Verankerung oft noch ist.
Um diese Position zu festigen, muss das Marketing stärkere Beziehungen zu anderen Mitgliedern der Geschäftsleitung und insbesondere zum Aufsichtsrat aufbauen. Die Einbindung auf Vorstandsebene ist unerlässlich, um sicherzustellen, dass das Marketing sowohl die Sichtbarkeit als auch die Stimme hat, um die Unternehmensstrategie mitzugestalten.
Auch die Organisationsstruktur des Marketings muss sich weiterentwickeln. Es sollten funktionsübergreifende Teams rund um die Customer Journey gebildet werden, die durch den Marketingbereich koordiniert werden. So kann man sicherstellen, dass Insights, Botschaften und Umsetzung von Anfang an aufeinander abgestimmt sind. Unternehmen wie Intuit oder Airbnb setzen dieses Modell bereits erfolgreich um, indem sie funktionsübergreifende, agile Teams („Pods“) bilden, in denen das Marketing mit Produktmanagement, Data-Science und Design zusammenarbeitet. Diese frühzeitige Einbindung versetzt das Marketing in die Lage, nicht nur zu bestimmen, wie etwas verkauft wird, sondern auch Einfluss darauf zu nehmen, was entwickelt wird.
Um das Vertrauen in diese erweiterte Rolle zu fördern, müssen Marketer Verantwortung übernehmen und innovativ sein. Sie müssen zeigen, dass Marketing eine belastbare Funktion ist, die experimentiert, lernt und Ergebnisse liefert, die auf die Unternehmensziele abgestimmt sind. Wer Markttrends früh erkennt, latente Kundenbedürfnisse aufdeckt und diese Erkenntnisse in konkrete Geschäftsstrategien übersetzt, kann für CEOs und Aufsichtsräte zu einem unverzichtbaren Sparringspartner werden.

Ein weiterer limitierender Faktor ist die kulturelle Ausrichtung der Disziplin. Viele Marketer lieben Kreativität, Intuition und Storytelling – eine historische Stärke, die heute jedoch zwingend durch Datenkompetenz, fundiertes Experimentieren und Finanzverständnis ergänzt werden muss. In einer Welt, in der KI Entscheidungen trifft und der ROI den Takt vorgibt, ist der Einsatz beider Gehirnhälften unerlässlich. Marketer müssen emotionale Resonanz und analytische Präzision verbinden.
> Kennzahlen: Letztlich zählen harte Fakten
Macht in Organisationen hängt davon ab, wie Leistung gemessen wird – und wie gut einzelne Kennzahlen von Entscheidungsträgern verstanden werden. Wenn Marketing mehr Einfluss gewinnen will, muss es finanztechnische und strategische Erfolge kommunizieren und nicht nur über Mediennutzung und Engagement sprechen. Das bedeutet, nicht nur mit taktischen KPIs wie Impressions oder Klickraten zu argumentieren, sondern Marketingaktivitäten auch mit den zentralen Unternehmenskennzahlen zu verknüpfen: mit dem Umsatzwachstum, den Gewinnmargen, der Kundenbindung, dem Customer-Lifetime-Value und sogar der Aktienperformance. Diese Zusammenhänge sind nicht immer leicht zu messen – aber entscheidend, um Wirkung nachzuweisen.
Unilevers Transformation unter dem ehemaligen CEO Paul Polman ist ein eindrucksvolles Beispiel dafür. Polman richtete das Unternehmen konsequent auf nachhaltiges Wachstum und Purpose aus und stellte das Marketing so auf, dass Markenbildungsmaßnahmen nicht nur Auswirkungen auf die Reputation hatten, sondern auch auf Umsatz und Unternehmenswert. Marken wie Dove und Ben & Jerry’s wurden klar an gesellschaftlichen Missionen ausgerichtet – und mit datenbasierten Erkenntnissen über Konsumentenwerte und -verhalten unterstützt. Das Ergebnis: Purpose-getriebene Marken wuchsen schneller als der Unternehmensdurchschnitt und verschafften dem Marketing eine zentrale Rolle bei der Gestaltung von Unilevers Strategie und der Kommunikation gegenüber Investoren.
Um Glaubwürdigkeit aufzubauen, müssen Marketer in Analytics investieren. Noch wichtiger ist es aber, Daten durch Storys zu beleben. Dashboards schaffen kein Vertrauen, Interpretationen schon. Einfluss wächst, wenn Marketer Erkenntnisse in betriebswirtschaftliche Kontexte einbetten, Wirkungszusammenhänge erklären und Marketingmaßnahmen mit langfristigem finanziellen Erfolg verknüpfen können. Wer das gut kann und konsequent tut, gewinnt nicht nur Respekt, sondern prägt auch die Prioritäten der Organisation.

> Mindset: Mit Selbstvertrauen und Neugier führen
Schließlich erfordert eine starke Marketingfunktion einen grundlegenden Mindset-Wandel – weg von rein taktischer Umsetzung hin zu einer strategischen Führungsrolle. Führung bedeutet heute weniger hierarchische Autorität als vielmehr Einfluss durch Insights. Das Marketingteam von Nike ist hierfür ein gutes Beispiel: Es treibt unternehmensweite Initiativen in den Bereichen digitale Transformation, Nachhaltigkeit und DEI maßgeblich voran. Sein Einfluss beruht nicht auf formaler Kontrolle, sondern auf der Fähigkeit, Markenwerte in alltägliche Entscheidungen einzubetten und in bereichsübergreifenden Kooperationen aktiv zu gestalten.
In diesem Sinne ist Marketing nicht nur Funktion, sondern auch Mindset: eine Denkweise, die Kundenbedürfnisse mit Geschäftschancen, aktuelle Performance mit zukünftigem Wachstum und Purpose mit Profit verbindet. Marketer, die dieses Mindset verinnerlichen, warten nicht darauf, in den inneren Machtzirkel eingeladen zu werden – sie sichern sich ihren Platz, indem sie Diskussionen prägen, Herausforderungen neu betrachten und mutige, erkenntnisbasierte Wege für die Zukunft aufzeigen.
> Struktur, Kennzahlen und Mindset miteinander verknüpfen
Es geht hier nicht um einen oberflächlichen Wandel, sondern um eine reale Chance. Für deren Realisierung bedarf es jedoch nicht Lippenbekenntnissen, sondern bewusster Entscheidungen: Strukturen zu schaffen, Kennzahlen zu verankern und Denkweisen zu fördern, die es dem Marketing ermöglichen, mit Substanz zu führen. Manchen mag das ambitioniert oder gar idealistisch erscheinen und vielleicht ist es das auch. Doch der Zeitpunkt ist günstig, nicht zuletzt, weil die laufenden Entwicklungen in der KI einem neuen, strategischen Marketing Rückenwind geben.
Die KI-Feuerprobe: Ein entscheidender Moment für das Marketing
Kaum eine andere Entwicklung verändert das Marketing derzeit so tiefgreifend wie Künstliche Intelligenz. Sie transformiert, wie Unternehmen mit Kunden interagieren, Daten analysieren, Ressourcen steuern und Angebote personalisieren. Doch KI ist nicht bloß eine Sammlung von Tools, sondern auch ein Prüfstein für die strategische Relevanz des Marketings. Sie birgt sowohl Chancen als auch Risiken und markiert einen entscheidenden Wendepunkt für die Disziplin. Einerseits kann KI nicht nur Routineaufgaben – etwa Media-Einkauf, Content-Optimierung oder Kundensegmentierung – automatisieren, sondern es Marketern auch ermöglichen, sich auf höherwertige Aktivitäten wie Strategieentwicklung, Innovation und funktionsübergreifende Abstimmung zu konzentrieren. Dieser Wandel kann dazu beitragen, die Rolle des Marketings aufzuwerten und es als echten Treiber für langfristiges Wachstum zu positionieren. Andererseits besteht die Gefahr, dass Marketing an Einfluss verliert, wenn es die Integration von KI nicht aktiv, zielgerichtet und mit Weitblick gestaltet. Dann könnten IT- oder Analytics-Abteilungen zunehmend die Führung übernehmen. Die Aufgabe des Marketings ist es nicht, Technologie um ihrer selbst willen einzusetzen; sie besteht darin, sicherzustellen, dass KI die menschlichen Aspekte des Marketings stärkt: Storytelling, Vertrauensbildung und Wertschöpfung. Dazu gehört auch, die Interaktionen der KI mit Kunden zu gestalten – Vorteile und Grenzen offen zu kommunizieren und einen verantwortungsvollen Umgang mit Daten im gesamten Unternehmen zu gewährleisten. Ich bin überzeugt, dass diejenigen, die KI als strategischen Enabler verstehen, die besten Voraussetzungen haben, die Zukunft des Marketings aktiv zu gestalten. Solche Marketer werden KI nicht nur nutzen, um Taktiken zu optimieren, sondern um neue Formen des Zuhörens, Lernens und Arbeitens zu entwickeln. Auf diese Weise kann Marketing seine Rolle als Katalysator für Wachstum, Innovation und Vertrauen neu behaupten.
Ein Appell für mehr strategische Führung
Das Marketing steht an einem entscheidenden Wendepunkt. Anstatt sich mit einer taktischen Rolle zu begnügen, bietet sich jetzt die Chance, in eine strategische Führungsrolle hineinzuwachsen und Organisationen durch steigende Komplexität, technologische Umbrüche und sich wandelnde Kundenbedürfnisse zu führen. Dieser Weg erfordert nicht nur Kreativität und analytische Stärke, sondern ebenso Vision, Mut und ein neues Verständnis des Marketing-Mandats. Für diesen Aufbruch muss das Erbe der 4 Ps nicht verworfen werden. Vielmehr geht es darum, sie neu für die heutigen Realitäten zu interpretieren: Produkte werden als ganzheitliche Erlebnisse verstanden, Promotion ist eine Plattform für Purpose, Preisgestaltung reflektiert psychologische und verhaltensbezogene Erkenntnisse und der „Place“ wird von dynamischen, kanalübergreifenden Ökosystemen geprägt. Diese Entwicklungen fordern Marketer heraus, sich nicht nur als Kommunikatoren, sondern auch als kundenzentrierte Wachstumsarchitekten verstehen. Gleichzeitig stellt die Verbreitung von KI eine zentrale Bewährungsprobe dar. Marketing sollte neue Technologien nicht einfach übernehmen, sondern sie mit Bedacht und Weitblick integrieren. KI soll Menschen nicht ersetzen, sondern ermächtigen – um mehr Insights, bessere Storys und nachhaltiges Vertrauen zu entwickeln. Es geht darum, Handeln mit Purpose zu verbinden und durch Daten strategische Klarheit zu gewinnen. Natürlich wird die Rolle des Marketings je nach Unternehmen variieren. In manchen wird Marketing (weiterhin) eine Führungsrolle einnehmen: Strategien prägen, Investitionen lenken und Teil des Führungszirkels sein. In anderen wird es isolierter bleiben oder in einer unterstützenden Funktion verharren. Dennoch bin ich überzeugt, dass Unternehmen, die das volle Potenzial des Marketings ausschöpfen, erfolgreicher sein werden als jene, die dies nicht tun. Gerade in einer komplexer werdenden Welt mit steigenden Erwartungen vonseiten der Stakeholder werden Unternehmen, die ihr Marketing stärken, besser in der Lage sein, sich anzupassen, zu inspirieren und langfristig erfolgreich zu bleiben.
LITERATURHINWEISE
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