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Kundenbindungsprogramme - ein Relikt vergangener Zeiten?
Kundenbindungs- oder Loyalitätsprogramme (LPs) sind quer durch alle Märkte weit verbreitet und waren in den vergangenen beiden Jahrzenten ziemlich trendig. Traditionelle LP-Hochburgen waren Fluglinien und der Lebensmitteleinzelhandel, sie erfreuten sich aber auch im Non-Profit-Bereich bei Museen, Wohltätigkeitsorganisationen, Sport- und Freizeitclubs, online genauso wie offline, und sogar bei Versorgungsunternehmen sowie im B2B-Bereich großer Beliebtheit. Im Durchschnitt sind zwei Drittel aller Europäer Mitglied in mindestens einem Loyalitätsprogramm. Gemäß einer Nielsen-Studie aus dem Jahr 2016 hat die LP-Durchdringungsrate in Großbritannien 90 % erreicht und in Finnland sogar 94 %. In den USA weist der von Colloquy durchgeführte Zensus von 2017 3,8 Mrd. LP- Mitgliedschaften aus, wobei der Retail-Sektor mit 1,6 Mrd. Mitgliedschaften die größte Durchdringungsrate aufweist. Neben der Festigung von Kundentreue und -bindung, können LP- Programme Händlern auch beim Cross- und Up-Selling helfen und den Share-of-Wallet beim Kunden erhöhen. Mit der steigenden Anzahl an angebotenen LPs verstärkt sich allerdings auch der Kampf um die Einkaufsbudgets der Kunden und mehr als die Hälfte der LPs, denen Kunden beitreten, werden laut Colloquy mit der Zeit wieder aufgegeben. Diese Entwicklung führt gemeinsam mit den steigenden Kosten für die Attraktivierung der Programme dazu, dass manche Manager bezweifeln, ob sich LPs tatsächlich nachhaltig rechnen. Sie überlegen, ob es heutzutage nicht klüger wäre, in neue Must-Haves wie mobiles Marketing, Gamification oder Social-Media-Auftritte anstatt in Loyalitätsprogramme zu investieren.
Oft wird zu viel versprochen, aber Loyalitätsprogramme rechnen sich tatsächlich
Fachmedien und CRM-Beratungsfirmen haben in den letzten 20 Jahren immer wieder damit geprahlt, dass LP-Mitglieder verglichen mit Nicht-Mitgliedern deutlich mehr Geld ausgeben. Dabei resultieren große Unterschiede im Ausgabenniveau hauptsächlich daraus, dass loyale und ausgabenfreudige Kunden generell viel häufiger einem Kundenbindungsprogramm beitreten als Wenig-Käufer. Der Erfolgsanteil des eigentlichen LPs ist viel geringer, auch wenn der Effekt positiv und signifikant ist. Wenn LPs richtig konzipiert sind, können sie Ausgabenhöhe und -häufigkeit tatsächlich ankurbeln. Seriöse Forschungsergebnisse zeigen im Einzelhandel durchschnittliche Steigerungsraten von 6-25 % und bei Fluglinien von ca. 4 %. Die Untersuchung einer holländischen Supermarktkette wies eine vierprozentige Steigerung des Share-of-Wallet durch die LP-Mitgliedschaft aus. Das war nur ein Siebtel der Differenz zwischen Mitgliedern und Nicht-Mitgliedern, die sich ohne Berücksichtigung der zugrunde liegenden Unterschiede zwischen den beiden Gruppen ergeben hätte