Wie man gute Kennzahlen identifiziert und für bessere Marketingentscheidungen nutzt
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NIM Marketing Intelligence Review – Marketing Dashboards

Wie man gute Kennzahlen identifiziert und für bessere Marketingentscheidungen nutzt

Marketingkennzahlen Entscheidungsfindung Marketing-Performance

Autorinnen und Autoren

  • Ofer Mintz, Associate Professor in Marketing, University of Technology Sydney and Tel Aviv University
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Um in der Zahlenflut den Überblick zu bewahren, sollten Manager die Kennzahlen mit der höchsten Ergebnisrelevanz wählen.

Im Labyrinth der Marketingkennzahlen

Im Zeitalter von Big Data, Marketing Analytics und digitalen Technologien sind Marketer zunehmend gefordert, Rechenschaft über ihre Aktivtäten und die erzielten Ergebnisse abzulegen. Deshalb entstehen immer mehr Kennzahlen bzw. Key-PerformanceIndikatoren (KPIs) wie z. B. Return on Investment (ROI), Nettogewinn, Marktanteil, Kundenzufriedenheit, Markenbekanntheit, Net Promoter Score (NPS) oder Customer Lifetime Value (CLV). Darüber hinaus sind Marketingmanager auch verstärkt dafür verantwortlich, wichtige interne und externe Stakeholder über Marketinginvestitionen und deren Auswirkungen auf Geschäftsbeziehungen sowie das kurz- und längerfristige Kundenverhalten zu informieren. Daher nutzen Marketer auch Kennzahlen, um Kundenbeziehungen und Marketingmaßnahmen zu beurteilen, zu koordinieren und zu steuern, um Benchmarking-Ziele für die Marketingimplementierung zu setzen und Marketingergebnisse unternehmsintern und an externe Stakeholder zu kommunizieren. Abbildung 1 gibt einen Überblick über die beachtliche Menge an gängigen Marketingkennzahlen. Werden Marketingmanager von derart vielen, zunehmend verfügbaren und geforderten Kennzahlen womöglich in die Irre geleitet? Oder ist die Verfügbarkeit von verschiedensten Kennzahlen ein Segen, weil sie Marketern bessere Marketingentscheidungen ermöglicht? Über diese Fragen haben wir einiges herausgefunden.

Marketingkennzahlen und Marketing-Performance

Theoretisch sollte die Qualität von Marketing-Mix-Entscheidungen umso besser und ganzheitlicher werden, je mehr Kennzahlen und Informationen Manager berücksichtigen. Die gezielte Nutzung von Kennzahlen sollte zu einer besseren Marketing- und letztlich auch Unternehmens-Performance führen. Allerdings besteht die Gefahr, dass sich Manager durch zu viele Kennzahlen überfordert fühlen oder versucht sind, „falsche“, weniger wichtige Kennzahlen zu berücksichtigen statt „richtige“ und wichtigere. Um zu untersuchen, wie die Kennzahlennutzung und die Marketing-Performance zusammenhängen, war ich an mehreren Forschungsteams beteiligt, die über die vergangenen zehn Jahre Daten über Manager, Kennzahlen und Marketingentscheidungen gesammelt und analysiert haben. Diese Studien sind in Box 1 kurz zusammengefasst, und die wichtigsten Ergebnisse werden im Folgenden vorgestellt. 

> Es gibt beliebtere und weniger beliebte Kennzahlen

Kundenzufriedenheit war die Kennzahl, die von Managern am häufigsten genutzt wurde. Etwas mehr als die Hälfte der Manager (53 %) gaben an, diese Kennzahl bei Marketing-Mix-Entscheidungen miteinzubeziehen, und sie war in 13 der 16 Länder aus unserer Stichprobe unter den drei meistgenutzten Kriterien. Marken- oder Produktbekanntheit, ROI, Nettogewinn und Marken- oder Produktsympathie waren die nächsten vier unter den am häufigsten genutzten Kennzahlen (siehe Abbildung 2). Im Gegensatz dazu waren Tobin’s q, ein Maß für die finanzielle Markt-Performance, Marken- oder Produkt-Consideration-Sets, Aktienrenditen, Share of Customer Wallet und Kapitalwert die fünf am wenigsten genutzten Kennzahlen. Diese Ergebnisse zeigen, dass Marketingmanager größtenteils reagible und näher an ihren Marketing-MixEntscheidungen liegende Kennzahlen nutzen, während Kennzahlen zur allgemeinen finanziellen Situation des Unternehmens eine untergeordnete Rolle spielen.

> Kennzahlen im Zusammenhang mit besserer und schlechterer Performance

Eine weitere Schlüsselfrage ist natürlich, ob es bestimmte Kennzahlen gibt, die „Wunderwaffen“ und immer mit einer besseren Performance verbunden sind, und solche, die „Bremsklötze“ mit einer tendenziell schlechteren Performance sind. Unsere Analysen haben zwei Kennzahlen als Quasi-Wunderwaffen in den meisten Marketing-Mix-Entscheidungen identifiziert: Bekanntheitsgrad und Empfehlungsbereitschaft. Im Gegensatz dazu haben wir für die meisten Arten von Marketing-Mix-Entscheidungen auch zwei Bremsklötze identifiziert: den Einsatz von Umsatz- oder Mengenzielen und den Kapitalwert (NPV), die mit einer schlechteren Performance in Zusammenhang stehen (siehe Abbildung 2). Die Ergebnisse zeigen, dass Manager vor allem die Endpunkte der Customer Journey im Auge behalten sollten: Am Anfang werden Kunden auf ein Problem oder Produkt aufmerksam, und nach dem Kauf, am Ende ihrer Journey, steht die Bereitschaft, ein Produkt weiterzuempfehlen. Darüber hinaus und etwas überraschend scheint der Einsatz nichtfinanzieller Marketingkennzahlen wie Bekanntheit, Empfehlungsbereitschaft und Loyalität mit besseren Marketing-Mix-Ergebnissen zusammenzuhängen als die Nutzung finanzieller Kennzahlen wie Zielvolumen, Kapitalwert und Nettogewinn. Für dieses Ergebnis gibt es zwei Hauptgründe. Erstens hängen diese nichtfinanziellen Kennzahlen direkter mit Marketingaktivitäten zusammen als die angeführten finanziellen Kennzahlen. Zweitens handelt es sich bei den nichtfinanziellen Kennzahlen um längerfristige, wachstumsorientierte Größen mit einem chancenorientierten Fokus, während kurzfristige, rentabilitätsorientierte finanzielle Kennzahlen eher bei präventionsorientierten Entscheidungen hilfreich sind. Dennoch spielen finanzielle Kennzahlen für die Entscheidungen von Managern eine wichtige Rolle, da finanzielle Kennzahlen in der Gesamtorganisation besser verstanden werden und mehr Gültigkeit besitzen, während nichtfinanzielle Marketingkennzahlen als zu vage gelten und zu sehr mit Begriffen operieren, die nur das Marketing kennt. Daher zeigte sich die Tendenz, dass Manager, gemessen an einem optimalen Einsatz, bei ihren Entscheidungen finanzielle Kennzahlen zu stark einbeziehen und nichtfinanzielle Marketingkennzahlen zu wenig nutzen.

Wie man den Einsatz von Kennzahlen im Management verbessern kann

Auf der Grundlage unserer Untersuchungen empfehlen wir die folgenden Maßnahmen, um die Nutzungsbereitschaft der (richtigen) Kennzahlen durch Manager zu erhöhen.

> Trainieren Sie Manager im Umgang mit Kennzahlen und koppeln Sie die Entlohnung an wichtige Zielgrößen

Schulungen und kennzahlenbasierte Vergütungsmodelle – entweder für bestimmte Kriterien oder für die Nutzung von Kennzahlen insgesamt – erleichtern deren Akzeptanz und fördern die Nutzung. Trainings reduzieren Verständnisprobleme und stärken das Vertrauen der Manager beim Einsatz und der Kommunikation interner und externer Kennzahlen. Vergütungssysteme mit Kennzahlenbezug ermutigen Manager dazu, die für das Unternehmen wichtigen Kennzahlen zu berücksichtigen.

> Entwickeln Sie eine Kennzahlen-freundliche Unternehmenskultur

Wenn Marketingmanager erreichen möchten, dass sich die gesamte Organisation stärker mit Marketingentscheidungen auseinandersetzt, müssen sie zwangsläufig auch Informationen berücksichtigen, die über die traditionellen Marketinggrenzen hinausreichen. Darüber hinaus ermutigt die Entwicklung einer kundenorientierten Organisationsstruktur Manager, mehr kundenbezogene Kennzahlen einzubeziehen. Im Vergleich zu strikt geregelten Entscheidungsfindungsprozessen, bei denen Manager genauen Verfahrensrichtlinien folgen müssen, erfordern flexible und organische Entscheidungsfindungsprozesse, die den Managern mehr Handlungsspielräume eröffnen, eine stärkere Nutzung von Informationen und Kennzahlen bei allen Entscheidungen.

Schlussplädoyer für die Kennzahlennutzung

Kennzahlen werden immer wichtiger, um Marketingmanager bei der Steuerung, Kommunikation und Rechtfertigung ihrer Aktivitäten in einem fluiden Big-Data-Umfeld zu unterstützen. Die gute Nachricht ist, dass viele Kennzahlen leicht verfügbar sind und die Entscheidungsqualität und Marketing-Performance umso besser werden, je mehr Kennzahlen Manager nutzen. Um nicht in die Irre zu laufen, sollten Manager jedoch sicherstellen, dass sie die Kennzahlen auswählen, die den größten Einfluss auf die Performance aufweisen.

LITERATURHINWEISE

Mintz, O. (2022). The post-pandemic business playbook: Customer-centric solutions to help your firm grow. Singapore.

Palgrave Macmillan. Mintz, O., & Imran, S. C. (2013). What drives managerial use of marketing and financial metrics and does metric use affect performance of marketing-mix activities? Journal of Marketing, 77(2), 17-40.

Mintz, O., Currim, I. S., Steenkamp, J.-B. E. M., & De Jong, M. (2021). Managerial metric use in marketing decisions across 16 countries: A cultural perspective. Journal of International Business Studies, 52(8), 1474-1500.

Mintz, O., Gilbride, T. J., Lenk, P., & Currim, I. S. (2021). The right metrics for marketing-mix decisions. International Journal of Research in Marketing, 38(1), 32-49.

Autorinnen und Autoren

  • Ofer Mintz, Associate Professor in Marketing, University of Technology Sydney and Tel Aviv University


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